Die Agrarförderung verursacht hohe Kosten für die Allgemeinheit

Ohne Düngung nähme der Ertrag in der Landwirtschaft rasch stark ab. Denn mit jeder Ernte entzieht man den Fluren Nährstoffe und verbringt sie an andere Stellen. Josef H. Reichholf ergänzt: „Früher gelangten die Reste über die Abwässer in die Flüsse, wo sie, wie wir längst wissen, erhebliche Schäden verursachen können. Den Feldern aber fehlen sie.“ Also trachtet die Landwirtschaft danach, die Fluren so zu düngen, dass möglichst langfristig möglichst hohe Erträge zustande kommen, mit denen sie wirtschaftlich kalkulieren können. Das ist geboten, weil teure Maschinen abzuzahlen sind, die sich die Landwirte in aller Regel nicht mit direkter Barzahlung leisten können. Das Agrarfördersystem verursacht große Kosten für die Allgemeinheit, rechnet sich aber betriebswirtschaftlich für die moderne Landwirtschaft. Josef H. Reichholf lehrte an der Technischen Universität München 30 Jahre lang Gewässerökologie und Naturschutz.

Häusliche Abwässer leitete man früher direkt in die Flüsse

Josef H. Reichholf weiß: „Die staatlichen Subventionen puffern es ab. Es funktioniert auch in der sogenannten Aquakultur, also in der Erzeugung von Fischen in intensiver Teichwirtschaft. Hier allerdings mit eher noch größeren Problemen und Kollateralschäden.“ Ließe es sich nicht auch auf Fließgewässer zur Hebung der Fischbestände und ihrer Produktivität anwenden? Das hat man getan; jahrhundertelang sogar, aber unabsichtlich. Doch der Reihe nach. Gedüngt hat man in der Landwirtschaft mit Mist.

Der Einsatz von Festmist hat jedoch stark abgenommen, weil die Schwemmentmistung der Ställe mit der Erzeugung von Gülle einfacher ist. Diese kann man zudem viel gleichmäßiger auf die Fluren verbringen. Josef H. Reichholf blickt zurück: „Häusliche Abwässer, unsere „Gülle“, leitete man früher direkt in die Bäche und Flüsse. „Vorfluter“ wurden sie genannt, weil die Fließgewässer die Flut, das Wasser, zu liefern hatten, das für Abtransport und Verdünnung des Abwassers nötig war.“

Flussregulierungen verwandeln sich in Kanalisierungen

Mit der zunehmenden Entwicklung der Städte, insbesondere seit dem frühen Mittelalter, gelangten immer größere Mengen Abwasser in die Flüsse. Ein ganzes Jahrtausend lang. Da man Wasser in mehrfacher Hinsicht brauchte, legte man die Städte nahezu ausschließlich an Flüssen an. Die Stadt machte aus dem Fluss den Entsorger der eigenen Abwässer, wie es die Flüsse im Prinzip von Natur aus für die Landschaften ihres Einzugsgebietes sind. Die Flüsse blieben bis gegen Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts in ihrem „wilden Lauf“ unverändert erhalten.

Die Bevölkerung von Stadt und Land hatte sich über die Jahrhunderte den Flüssen und ihrem Leistungsvermögen angepasst. Josef H. Reichholf stellt fest: „Nun aber wurde es anders. Man passte die Flüsse den Menschen und ihren Bedürfnissen an. Mit schweren Ufersteinen gesicherte Hauptflussrinnen gewährleisteten, dass Schiffe möglichst den Großteil des Jahres fahren konnten, geradlinig und ohne auf Grund zu laufen.“ Die anfänglichen Flussregulierungen entwickelten sich rasch zu einer Kanalisierung. Quelle: „Flussnatur“ von Josef H. Reichholf

Von Hans Klumbies

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