Die Begrenztheit des Planeten Erde ist offensichtlich

Das Dilemma zwischen Bewegung und Begrenztheit beschäftigt Anders Levermann schon lange. Vor allem die Frage: Wie ist unendlichen Wachstum auf einem begrenzten Planeten möglich? Als theoretischer Physiker forscht Anders Levermann seit zwanzig Jahren in der physikalischen Klimaforschung und seit nunmehr einem Jahrzehnt zusätzlich an den ökonomischen Aspekten des Problems. In seinem Buch „Die Faltung der Welt“ verbindet Anders Levermann Überlegungen aus den beiden Welten – den Natur- und den Wirtschaftswissenschaften. Die Begrenztheit des Planeten Erde ist offensichtlich. Das Dilemma entsteht dann, wenn man davon überzeugt ist, dass eine fortwährende Weiterentwicklung unausweichlich ist. Diese Weiterentwicklung muss darüber hinaus frei von Beschränkungen erfolgen, um tatsächlich effektive Lösungen für neue Herausforderungen zu finden. Der Physiker Anders Levermann arbeitet seit mehr als 20 Jahren am Potsdam-Institut für Klimaforschung. Zudem ist er Professor am physikalischen Institut der Universität Potsdam.

Die Mathematik ist eine Art „eingefrorene Logik“

Anders Levermann möchte das Narrativ der Faltung anbieten, von dem er glaubt, dass es das Paradigma von unbegrenztem und ständigem Wachstum, das in weiten Teilen der Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme vorherrscht, ersetzen kann. Anders Levermann fügt hinzu: „Dabei handelt es sich um ein neues Narrativ, eine Alternative zu der Überzeugung, dass die Lösung unseres Nachhaltigkeitsproblems nur durch Verzicht und ein Zurück zu alten Lebensweisen möglich ist.“

Verkürzt gesprochen entsteht Faltung immer dort, wo ein sich aktiv entwickelndes System mit Grenzen konfrontiert wird. Anders Levermann stellt fest: „Obwohl mathematische Beschreibungen der Wirklichkeit häufig mit physikalischen Gegebenheiten verbunden werden, ist die Mathematik doch noch wesentlich universeller in dem Sinne, dass sie auf alle Bereich des Lebens angewendet werden kann.“ Sie ist eine Art „eingefrorene Logik“. Das bedeutet, wenn man einen Sachverhalt in die Mathematik überträgt oder in ihr darstellt, dann kann man deren Gesetze benutzen, um zu neuen Schlüssen zu gelangen.

Die Mathematik repräsentiert Wahrheit

Da die Mathematik in sich widerspruchsfrei ist, sind die Schlüsse immer konsistent mit den Annahmen. Die einzige mögliche Fehlerquelle liegt in der Übertragung von Wirklichkeit in Mathematik und zurück. Anders Levermann ergänzt: „Mathematik repräsentiert Wahrheit. Das macht sie faszinierend und schränkt sie natürlich auf Sachverhalte ein, in denen es Wahrheit geben kann.“ Ein Prinzip wird in der Mathematik standardmäßig zur Beschreibung bestimmter Phänomene genutzt, nämlich das der Selbstverstärkung.

Tatsächlich kann man die ganze Welt aus der Sicht von Selbstverstärkungsprozessen, denn sie dominieren die Natur ebenso wie das menschliche Zusammenleben, und damit auch das Wirtschaftswachstum und den Ressourcenverbrauch. Das Prinzip ist wunderbar einfach und universell. Anders Levermann erläutert: „Eine Selbstverstärkung liegt vor, wenn eine Menge umso stärker anwächst, je größer sie bereits ist.“ Eine universelle Eigenschaft von Selbstverstärkungsprozessen lautet: Sie überschreiben innerhalb von kurzer Zeit jeden anderen Prozess, der keiner Selbstverstärkung folgt. Quelle: „Die Faltung der Welt“ von Anders Levermann

Von Hans Klumbies