Naturgesetze bestimmen die Entwicklung der Welt

Auch Carlo Rovelli kennt das einzige Textfragment, das von Anaximander erhalten geblieben ist und von Simplicius zitiert wird: „Woraus aber für das Seiende das Entstehen ist, dahinein erfolgt auch ihr Vergehen gemäß der Notwendigkeit. Denn sie schaffen einander Ausgleich und zahlen Buße für ihre Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit.“ Erstens steckt in diesen wenigen Zeilen die Idee, dass die Entwicklung der Welt nicht dem Zufall überlassen ist. Sondern sie ist von der Notwendigkeit bestimmt, also von Gesetzen in irgendeiner Form. Zweitens besagen sie, dass die Art und Weise, wie sich diese Gesetze ausdrücken, „der Ordnung der Zeit“ folgt. Das bedeutet laut Carlo Rovelli, dass es Naturgesetze gibt und diese regeln, wie sich natürliche Abläufe zeitlich entwickeln. Carlo Rovelli ist seit dem Jahr 2000 Professor für Physik in Marseille.

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Die Physik besteht aus vielen Spezialgebieten

Die Physik ist ein riesiges Gebiet, das aus einem breiten Spektrum von Spezialgebieten und Unter-Spezialgebieten besteht. Leonard Mlodinow konkretisiert: „Einige Forscher beschäftigen sich damit, die fundamentalten Naturgesetze zu enthüllen. Andere konzentrieren sich darauf, diese Gesetzte aus spezifische Phänomene oder Systeme anzuwenden.“ So werden in der Optik, beispielsweise, die Grundgesetze des Elektromagnetismus angewandt, um das Verhalten von Licht und seine Wechselwirkung mit Materie zu untersuchen. In der Kernphysik geht es darum, das Wechselspiel von Protonen und Neutronen innerhalb des Atomkerns zu verstehen. In der Quanteninformation setzt man die Grundgesetze der Quantentheorie ein, um Hochleistungscomputer zu schaffen. Die Erforschung der fundamentalen Naturgesetze ruht hingegen allein auf zwei Hauptsäulen. Leonard Mlodinow, Physiker und Autor, lehrte am California Institut of Technology in Pasadena.

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Die Naturwissenschaften mehrten das Wissen

Je nachdem, ob man diesen Begriff weit oder eng fasst, kann man sagen, dass die Naturwissenschaften mit Isaac Newton, Galileo Galilei, Archimedes, Hipparch, Hippokrates, Pythagoras oder Anaximander ihren Anfang nahmen. Ob historisch oder symbolisch, jeder dieser Momente kennzeichnet den Erwerb eines neuen Instruments in der Menschheitsgeschichte. Jeder davon war für die Mehrung des Wissens von entscheidender Bedeutung. Carlo Rovelli stellt fest: „Wenn wir mit Naturwissenschaften eine Forschung meinen, die auf systematischen Experimenten basiert, dann begann sie mehr oder weniger mit Galilei.“ Wenn man damit eine Sammlung quantitativer Beobachtungen und theoretisch-mathematischer Modelle meint, gehört auch die Astronomie von Hipparch und Ptolemäus zur Naturwissenschaft. Denn sie ordnen ihre Beobachtungen und ermöglichen präzise Vorhersagen. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Die Erde schwebt im Raum

Anaximander von Milet, der im 6. Jahrhundert v. Chr. lebte, gilt als einer der Väter der Naturwissenschaften. Carlo Rovelli fasst einige der wichtigsten Ideen Anaximanders zusammen: „Meteorologische Phänomene haben natürliche Ursachen. Das Wasser des Regens ist das Wasser des Meeres und der Flüsse, das durch die Hitze der Sonnenstrahlen verdunstet ist; es wird vom Wind mitgenommen und fällt schließlich wieder zur Erde.“ Anaximander ging davon aus, dass die Erde ein Körper von endlicher Ausdehnung ist, der im Raum schwebt. Seiner Meinung nach lebten ursprünglich alle Tiere im Meer oder im Wasser, das die Erde in der Vergangenheit bedeckte. Die ersten Tiere waren daher Fische und fischähnliche Lebewesen. Als die Erde im Lauf der Zeit trockener wurde, eroberten sie das Festland und passten sich an das neue Milieu an. Carlo Rovelli ist seit dem Jahr 2000 Professor für Physik in Marseille.

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Den Ort einer Sache definiert die Umgebung

Die beiden Deutungen der Zeit, als Maß des „Wann“ bezogen auf Ereignisse, wie Aristoteles meint, oder als Entität, die auch dann abläuft, wenn nichts geschieht, wie Isaac Newton will, lassen sich auch auf den Raum übertragen. Die Zeit ist das, worüber die Menschen reden, wenn sie nach dem „Wann“ fragen. Auf den Raum beziehen sie sich, wenn sie nach dem „Wo“ fragen. Carlo Rovelli erklärt: „Auf die Frage zu antworten, wo sich etwas befindet, heißt anzugeben, wovon dieses Etwas umgeben ist, welche anderen Dinge das Genannte umgeben.“ Aristoteles hat sich als Erster eingehend und gründlich mit der Frage befasst, was der „Raum“ oder ein „Ort“ sei, und eine präzise Definition geliefert: Der Ort einer Sache ist das, wovon sie umgeben ist. Carlo Rovelli ist seit dem Jahr 2000 Professor für Physik in Marseille.

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Albert Einsteins Ziel war die Theorie von Allem

In der Physik gibt es immer neue Theorien. Den Schlusspunkt setzt im Moment die sogenannte „Theorie von Allem“. Leonard Mlodinow schränkt ein: “Ob so etwas überhaupt existieren, und falls ja, wie sie aussehen konnte, ist bis heute umstritten. Sie zu formulieren war Albert Einsteins zentrales Ziel in späteren Lebensjahren.“ Er nannte sie die einheitliche Feldtheorie. Man sollte meinen, wenn es irgendjemandem gelingen könnte, eine solche Theorie aus dem Hut zu zaubern, dann Albert Einstein. Aber das Einzige, was ihm in den letzten Jahrzehnten seines Lebens gelang, war die eigene Entfremdung vom Mainstream der Physik. „Die Zeitgenossen sehen in mir zugleich einen Ketzer und Reaktionär“, so schrieb er, „der sich sozusagen überlebt hat.“ Leonard Mlodinow, Physiker und Autor, lehrte am California Institut of Technology in Pasadena.

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Willensimpulse bestimmen die Glücksdynamik

Die künstliche Intelligenz (KI), die einen Meister des „Go“ Spiels schlug, ist nicht emotional. Emotionalität ist kein irrationales Manko des Menschen, wie viele antike Griechen und manchen Philosophen der Aufklärung, wie beispielsweise Immanuel Kant, meinten. Richard David Precht erläutert: „Ohne unsere Gefühle wüsste unser Verstand überhaupt nicht, was er tun soll. Es sind unsere emotionalen Willensimpulse und ihre Erfüllung, die wesentlich unsere Glücksdynamik bestimmen.“ Künstliche Intelligenzen können Emotionen zwar mit Sensoren erspüren und mimisch und stimmlich imitieren. Aber das macht sie beileibe nicht zu emotionalen Wesen. „Affective Computing“ verhält sich zum Empfinden von Emotionen wie Donald Duck zu einer Stockente. Auch können künstliche Intelligenzen nicht alle menschlichen Gefühle lesen. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Die Fortpflanzung ist ein genetischer Zwang

Eine Spezies nutzt grundsätzlich alle für sie geeigneten Ressourcen, um zu expandieren. Vermehrung und Ausbreitung enden erst, wen die Ressourcen erschöpft sind und der Umweltwiderstand zu groß wird. Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „Dabei ist Fortpflanzung keine Option, sondern ein genetischer Zwang. Soweit gilt das für alle Arten. Auch für Homo sapiens.“ Die Menschen sind in Sachen Vermehrung aber sogar außergewöhnlich erfolgreich. In seinem Buch „Das Ende der Evolution“ stellt der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht fest: „Was uns von Schimpansen und Gorillas oder gar vom Orang-Utan trennt, und zwar um mehrere Größenordnungen, ist die Anzahl unseres Nachwuchses.“ In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.

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Die Biologie wirkt an der Gestaltung der Kultur mit

Alle mentalen Fähigkeiten greifen in den Prozess der menschlichen Kultur ein. Ohne die Fähigkeit Bilder, Affekte und Bewusstsein zu erzeugen, ist der kulturelle Geist nicht vorstellbar. Gedächtnis, Sprache, Fantasie und Vernunft sind die maßgeblichen Elemente kultureller Prozesse. Sie erfordern jedoch die Erzeugung von Bildern. Antonio Damasio ergänzt: „Was die kreative Intelligenz angeht, die für die tatsächliche kulturelle Praxis und ihre Erzeugnisse verantwortlich ist, so kann sie ohne Affekte und Bewusstsein nicht funktionieren.“ Interessanterweise sind die Affekte und das Bewusstsein auch genau die Fähigkeiten, die überlebt haben. Denn sie wurden in den Fängen der rationalistischen und kognitiven Revolution vergessen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Mikroben sind zahlreicher als menschliche Zellen

Im Körper eines Menschen leben vermutlich mehr mikrobielle als menschliche Zellen. Symbiotische Organismen kolonisieren diverse Körperregionen. Als Beispiele nennt Lucy F. Jones Mund, Haut, Vagina, Bauchspeicheldrüse, Augen und Lunge. Und viele von ihnen leben im Darmtrakt. Mit ziemlicher Sicherheit leben auf dem Gesicht Hunderte mikroskopisch kleine Milben, vielleicht sogar Tausende. Diese vermehren sich, legen Eier und am Ende ihres Lebens explodieren sie, ohne dass man es bemerkt. Wissenschaftler vermuteten, dass Mikroben im Körper den menschlichen Zellen um ein Zehnfaches überlegen sind. Diese Zahl wurde mittlerweile auf ein Verhältnis von etwa drei zu eins herunterkorrigiert, was immer noch erstaunlich genug ist. Lucy F. Jones ist Journalistin und schreibt regelmäßig zu wissenschaftlichen Themen, Gesundheit, Umwelt und Natur für die BBC, The Guardian und The Sunday Times.

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Der Mensch versteht die Welt nur in ihrem Werden

Die Menschen können die Welt als ein Geflecht aus Ereignissen begreifen, aus einfacheren Geschehnissen und komplexeren. Letztere lassen sich auf einfachere zurückführen. Carlo Rovelli nennt Beispiele: „Ein Krieg ist kein Ding, sondern eine Menge aus Ereignissen. Ein Gewitter ist keine Sache, sondern eine Gesamtheit aus Abläufen.“ Und der Mensch? Er ist gewiss kein Ding, sondern ein komplexer Prozess, in den Luft ein- und ausströmt, aber auch Nahrung, Informationen, Licht, Sprache usw. Der Mensch ist ein Knoten unter Knoten in einem sozialen Beziehungsgeflecht. Dieses Netzwerk besteht aus chemischen Prozessen, aus Emotionen, die ein Mensch mit seinesgleichen austauscht. Lange Zeit haben die Menschen die Welt in Begriffen einer Ursubstanz zu begreifen versucht. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Stephen Hawking war ein Mann mit einer Mission

In der Physik gibt es unterschiedliche Theorien für unterschiedliche Größenordnungen. Für die atomare und subatomare Skala benutzen die Physiker in der Regel die Quantentheorie. Für die Alltagsskala verwenden sie die Isaac Newtonsche Physik als effektive oder approximative Theorie. Und für die kosmische Skala , welche die Gravitation dominiert, die Allgemeine Relativitätstheorie. Leonard Mlodinow ergänzt: „Man kann Schreiben in analoger Weise analysieren. Da sind die Wortwahl, die Sätze, die Abschnitte, die Kapitel, das Buch.“ Man hat Anliegen und Werkzeuge auf jeder Ebene, einige für das große Ganze und andere zur Analyse des Wesentlichen. Stephen Hawking war ein Mann mit einer Mission. Allerdings war er nicht immer davon besessen gewesen, die Dinge richtig zu machen. Leonard Mlodinow, Physiker und Autor, lehrte am California Institut of Technology in Pasadena.

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Deutschland wird alterslos

Heute werden die Deutschen immer älter und sie wollen auch gut und lange leben. Aber möglichst nicht als sein. Von Siebzig auf Hundert? Das ist die demografischen Herausforderung Deutschlands in der Zukunft. Ein ganzer Forschungszweig droht seinen Gegenstand zu verlieren. Die Altersforschung verwandelt sich zur Langlebigkeitsforschung. Daher wird eine präzise Definition von „Jungbleiben“ und „Älterwerden“, von „Jung“ oder „Alt“ immer schwieriger. Horst Opaschowski stellt fest: „Deutschland wird alterslos.“ Gibt es bald den alten Menschen nicht mehr, weil der Altersbegriff einfach wegdefiniert wird? Die Deutschen werden zwar objektiv immer älter, fühlen sich subjektiv immer jünger, fitter und gesünder. Horst Opaschowski gründete 2014 mit der Bildungsforscherin Irina Pilawa das Opaschowski Institut für Zukunftsforschung. Bis 2006 lehrte er als Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. Ab 2007 leitete er die Stiftung für Zukunftsfragen.

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Charles Darwin war ein Geschichtenerzähler

Wenn die Menschen etwas können, dann Geschichten zu erzählen. Matthias Glaubrecht weiß: „Unter den Wissenschaftlern sind alle Geschichtenerzähler – mit den Evolutionsbiologen als sicher begnadetsten unter ihnen.“ Allen voran und zuerst Charles Darwin mit seiner die Fantasie beflügelnden Idee vom Kampf ums Dasein und dem Überleben der Tauglichsten. Auch die gängigen Darstellungen der menschlichen Evolution sind Geschichten. Diese schildern üblicherweise in erzählerischer Form jene Abfolge von Ereignissen, die aus einem baumlebenden Affen uns, den bodenständigen Menschen entstehen ließ. Diese Geschichten sind nicht zuletzt deshalb fesselnd, weil die Menschen selbst Gegenstand dieser Erzählung sind. Solche Geschichten haben, egal, wer sie erzählt und wann sie erzählt wurden, stets eine gemeinsame Form. Immer sind es Heldengeschichten, die sich alle mehr oder weniger ähneln. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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Die Zukunft stellt sich als Alptraum dar

Die einstige Vision, dass mit dem Fortschritt der Menschheit alle Probleme gelöst werden würden, ist verblasst. Der Traum von einer besseren Welt ist in dem so skeptischen 21. Jahrhundert im Begriff, zu einem Alptraum zu werden. Ille C. Gebeshuber betont: „Es wird mehr und mehr offensichtlich, dass unsere Welt vor einer Zeit des radikalen Wandels steht. Die so erfolgreichen Methoden, die den radikalen Fortschritt der letzten Jahrhunderte ermöglicht haben, erzeugen Nebeneffekte, die die Grundlagen unserer Existenz bedrohen.“ Der Erfolg kooperativer und kompetitiver Gesellschaften führte zu vielen Jahrhunderten des Wachstums. Relativ kleine, verstreute Siedlungsräume breiteten sich aus, wuchsen zusammen und entwickelten sich mit der Zeit zu einer globalen Zivilisation. Ille C. Gebeshuber ist Professorin für Physik an der Technischen Universität Wien.

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Die Bedeutung der Mythen ist bis heute nicht geklärt

Sigmund Freud war der Überzeugung, alle Mythen der Welt bärgen in sich den Gemeinschlüssel zum Verständnis der menschlichen „psychosexuellen Entwicklung“. Dazu zählte er auch die biblische Erzählung von Adam und Eva. Dagegen vertrat Gustav Jung die These, Mythen seinen nichts weniger als die destillierte Essenz des „kollektiven Unbewussten“ der Menschheit. Und für Claude Lévi-Strauss bildeten die gesamten Mythologien der Welt zusammengenommen ein großes und unübersichtliches Rätselbild. Dieses würde die „Tiefenstrukturen“ der menschlichen Psyche offenbaren, wenn es sich richtig entschlüsseln ließe. Die Bedeutung der Mythen und Mythologien ist bis heute nicht vollständig geklärt. Aber James Suzman weiß: „Ganz sicher offenbaren sie uns jedoch Einsichten in einige universelle Aspekte der menschlichen Erfahrung.“ James Suzman ist Sozialanthropologe und Autor des Buches „Wohlstand ohne Überfluss“, in dem er die Gesellschaften der Jäger und Sammler als erste Wohlstandsgesellschaften porträtierte.

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Die Menschheitsgeschichte ist noch nicht zu Ende

Bei evolutionären Abläufen und natürlichen Entwicklungsprozessen sind die Anfänge stets unscheinbar und unmerklich. Kaum einmal sind Evolutionsbiologen in der Lage jenen Punkt auf der Zeittafel zu bestimmen, an dem etwas Neues beginnt und das Alte endet. Matthias Glaubrecht fügt hinzu: „So geht es uns auch mit dem Anfang unserer eigenen Evolutionsgeschichte und dem tatsächlichen Beginn der Menschheit.“ Natürlich ist auch der Mensch nicht vom Himmel gefallen. Sondern er ist ein historisches Produkt seiner Ahnenreihe. Aber der Beginn lässt sich wahlweise und nach Gutdünken immer wieder anders bestimmen. Die Menschheitsgeschichte nur als die seiner kulturellen Evolution verstehen zu wollen, weist dabei in die Irre. Wer glaubt, dass es in der Entwicklung der Menschen nur um das erste Wort, um die Schrift oder um Kunst geht, verengt seinen Blick. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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Technische Innovationen können zum Krieg führen

Martin Luther hat den aus der konfessionellen Spaltung Mitteleuropas entstandenen Dreißigjährigen Krieg nicht gewollt. Der Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, Johannes Gutenberg, wollte ihn ebenso wenig. Und doch hatte die Revolution im Druckwesen einen erheblichen Anteil an der politischen Mobilisierung. Deren Eskalation zum Krieg kostete ein Drittel der Bevölkerung Mitteleuropas das Leben. Andreas Barthelmess weiß: „Technologische Innovationen können zu gesellschaftlicher Polarisierung, zu dramatischen sozialen Umbrüchen führen, bis hin zum Krieg.“ Der griechische Philosoph Heraklit meinte sogar, der Krieg sei der Vater aller Dinge. Andreas Barthelmess findet, das gibt dem Krieg zu viel der Ehre. Zwar gibt es Erfindungen, die ausdrücklich vom Militär bestellt wurden. Etwas die Konservendose, die auf eine Preisausschreibung Napoleon Bonapartes zurückgeht. Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

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Wie hat alles begonnen?

Die Physik ist angeblich ein Gebiet, das von Vernunft und Logik geprägt ist. Das ist ein wichtiger Teil, aber um logisch argumentieren zu können, braucht man zunächst einen gedanklichen Rahmen. Dieser definiert die Annahmen, die man macht, die Konzepte, die man benutzt, und die Fragen, die man beantworten möchte. Leonard Mlodinow ergänzt: „Häufig übernehmen Leute dabei Rahmenwerke von anderen, aus der Geschichte oder der eigenen Vergangenheit, und stellen sie nie in Frage oder untersuchen sie nicht ausreichend gründlich.“ Die brennende Frage, auf die Stephen Hawking eine Antwort suchte, lautete: „Wie hat alles begonnen?“ Zwei Jahrtausende hatte jedermann angenommen, das Universum habe es schon immer gegeben und es sei unveränderlich. Leonard Mlodinow, Physiker und Autor, lehrte am California Institut of Technology in Pasadena.

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Die Evolution beruht auf Mutation und Selektion

Das am weitesten anerkannte Evolutionsmodell beruht auf zwei wichtigen Elementen: Mutation und Selektion. Eyal Winter erläutert: „Mutation sorgt dafür, dass in den Eigenschaften eines Organismus von Generation zu Generation willkürliche Veränderungen auftreten. Die Selektion verbreitet „günstige“ Mutationen in einer Population, wohingegen „ungünstige“ allmählich aussterben.“ Individuen mit guten Merkmalen haben höhere Überlebenschancen und sorgen für mehr Nachkommenschaft. In der Regel geht man davon aus, dass evolutionäre Kräfte die Eigenschaften einzelner Individuen – deren Gene – prägen, aber Mutation und Selektion beeinflussen auch die Entwicklung ganzer Gesellschaften. Gemeinschaften mit positiven Merkmalen – etwa sozialen Strukturen und Werten, die den Zusammenhalt stärken – haben höhere Überlebenschancen. Gruppierungen, denen diese Eigenschaften fehlen, werden beispielsweise häufiger im Kampf geschlagen und von Einzelnen verlassen. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Die Evolution hat kein Ziel und dient keinem Zweck

Zeit ist der eine Faktor der Evolution. Der andere ist, kein Ziel zu haben und keinem Zweck zu dienen. Ein grundsätzliches Missverständnis über die Evolution geht von der Vorstellung aus, diese laufe gleichsam zwanghaft stets auf das Leben höherer Wesen oder sogar auf den Menschen hinaus. Matthias Glaubrecht erklärt: „Doch Evolution ist ein sich selbst organisierender und kontingent, also zufällig auf einmalige Weise so und nicht anders, ablaufender Naturprozess.“ Ist der Mensch also ein Glücksfall? Wie sähe die Erde ohne die Menschen aus? Man kann immer fragen, ob Geschichte auch ganz anders verlaufen hätte können. Intuitiv würde man sagen: Ja, natürlich hätte es auch anders kommen können. Schnell gelangt man dabei zu der Frage, ob der Mensch seine Existenz dem Zufall verdankt oder ob sein Schicksal vorgezeichnet ist. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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Schon Einzeller haben ein Gedächtnis

Nahezu alles, was in Form neu erzeugter mentalen Bilder einem Menschen zur Verfügung steht, ist auch der inneren Aufzeichnung zugänglich. Ob es einem gefällt oder nicht. Antonio Damasio ergänzt: „Wir originalgetreu die Aufzeichnung ist, hängt zunächst einmal davon ab, wie viele Emotionen und Gefühle erzeugt wurden, während die Bilder durch den Strom unser Gedanken wanderten. Viele Bilder bleiben bestehen. Und beträchtliche Teile der Aufzeichnungen können wir später mehr oder weniger genau erneut abspielen, abrufen und rekonstruieren.“ Manchmal tritt die Erinnerung an solche alten Inhalte sogar in Konkurrenz zu neuen Informationen, die gerade erzeugt werden. Das Gedächtnis ist schon bei einzelligen Lebewesen vorhanden. Es erwächst dort aus chemischen Veränderungen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Intelligenz war vor dem Homo sapiens auf der Welt

Intelligenz kam nicht erst mit dem Homo sapiens auf die Welt. In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts stießen Paläontologen zum ersten Mal auf Fossilien von Homininen, also menschenartigen Wesen. Diese waren älter als eine Million Jahre und besaßen kleine Gehirne. Damit verwischte sich die bis dahin scharfe Grenze zwischen Mensch und Tier. Stefan Klein erläutert: „Man versuchte sie neu zu definieren, indem man erklärte, Menschen zeichneten sich durch ihre Gabe aus, Werkzeuge zu benutzen.“ Um diese Behauptung zu prüfen, beauftragte der Fossilienjäger Louis Leakey eine junge Frau in den Urwald zu gehen, um Tiere zu beobachten. Jane Goodall erwies sich als überragende Verhaltensforscherin. Stefan Klein zählt zu den erfolgreichsten Wissenschaftsautoren der deutschen Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg.

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Die Subjektivität besteht aus Perspektive und Gefühl

Reicht der komplexe Prozess der Subjektivität mit seinen Bestandteilen von Perspektive und Gefühl aus, um das Bewusstsein in seiner Ganzheit zu erklären? Die Antwort von Antonio Damasio lautet ganz klar: „Nein.“ Denn Bewusstsein im eigentlichen Sinn des Begriffs ist ein bestimmter Geisteszustand. Bei diesem sind mentale Bilder von Subjektivität durchtränkt und in einer mehr oder weniger umfangreichen, integrierten Darstellung erlebbar. Der Geist in all seiner Komplexität erwächst aus der kombinierten Tätigkeit des Nervensystems und seines zugehörigen Körpers. Das Bewusstsein erwächst aus interaktiven Verkettungen. Dieses hängt mit dem Leben zusammen und steht auch mit dem Universum der Chemie und Physik in Verbindung. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Die Kugelform der Erde ist seit 2500 Jahren bekannt

Schon zu Lebzeiten des großen Denkers Aristoteles war die griechische Welt größtenteils von der Kugelgestalt der Erde überzeugt. Eine Generation davor war die Vorstellung einer kugelförmigen Erde zwar auch schon weit verbreitet, aber die Dinge waren noch nicht so klar. In seinem „Phaidon“ lässt Platon Sokrates sagen, er glaube, die Erde sei rund, nicht ohne hinzuzufügen, er könne dies nicht überzeugend beweisen. Diese Passage im „Phaidon“ ist das älteste bekannte Zeugnis für die Akzeptanz einer kugelförmigen Erde. Platon und Aristoteles können klar unterscheidet zwischen glauben und etwas mit überzeugenden Argumenten beweisen. Carlo Rovelli denkt, dass ein durchschnittlich gebildeter Student von der Kugelgestalt der Erde überzeugt ist. Doch er bezweifelt, dass dieser einen direkten und überzeugenden Beweis für diese Überzeugung anführen kann. Carlo Rovelli ist seit dem Jahr 2000 Professor für Physik in Marseille.

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