Daniel-Pascal Zorn kennt die Geschichte der Postmoderne

Die Geschichte der Postmoderne gibt es nicht. Eine Geschichte der Postmoderne, sicherlich die bekannteste, ist verbunden mit Michel Foucault und Jacques Derrida, den beiden großen Philosophen der französischen Philosophie der 1960 und 1979er Jahre. Sie ist auch verknüpft mit Jean-François Lyotard, der 1979 „Das postmoderne Wissen“ geschrieben hat und mit Richard Rorty, der den Begriff „Postmoderne“ oder „postmodern“ zu verschiedenen Gelegenheiten diskutiert hat. Daniel-Pascal Zorn fügt hinzu: „Aber die Fragen, die diese Philosophen stellen, finden nicht im luftleeren Raum statt. Sie sind ihrerseits eingebettet in einen historischen und theoretischen Kontext, der weiter zurückreicht, bis zu den Anfängen der bürgerlichen Gesellschaft im 19. Jahrhundert. Daniel-Pascal Zorn studierte Philosophie, Geschichte und Komparatistik. Seit 2021 ist er Geschäftsführer des Zentrums für Prinzipienforschung an der Bergischen Universität Wuppertal.

Die französische Philosophie beherrscht die Postmoderne

Die genannten Denker wiederholen Fragen, die man schon bei Philosophen wie Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Karl Marx, Søren Kierkegaard oder Friedrich Nietzsche findet. Und sie stellten die gleichen Fragen wie Joachim Ritter und Theodor W. Adorno. Diese bestimmten zwar um dieselbe Zeit die Landschaft des Denkens mit, die man gemeinhin aber als Gegner der Postmoderne verortet. Daniel-Pascal Zorn erläutert: „Sie alle versuchten mit ähnlichen Fragen und der philosophischen Tradition des 19. Jahrhunderts im Gepäck ihre Zeit zu verstehen. Ihre Perspektiven sind hingegen vielfältig.“

Im Zentrum der Postmoderne thronen natürlich die großen Vier der französischen Philosophie. Nämlich der Historiker und Psychologe Michel Foucault, die beiden Philosophen Jacques Derrida und Gilles Deleuze und der Theoretiker Jean-François Lyotard. Sie beherrschen die Szene, aber nach ein paar Wegstunden zeigen sich auch sie aus ungewohnter Perspektive. Etwas weiter hinten erhebt sich die deutsche Philosophie, die als ältere Formation durch stärkere Verwitterung ausgezeichnet ist.

Das Denken in Frankreich und in den USA war sehr ähnlich

Während Joachim Ritter dabei in sicherem Abstand von oben auf die bürgerliche Gesellschaft hinunter schaut, setzt sich Theodor Adorno mitten rein. Denn er will ihre Widersprüche und Paradoxien aus nächster Nähe beschreiben und diejenigen tadelnd ansprechen, die den Blick zu oft nach oben richten. Daniel-Pascal Zorn erklärt: „Sie und ihr Denken bilden den Hintergrund für das Panorama der postmodernen Philosophie – und insofern gehören beide zu ihr dazu.“

Etwas anders verhält es sich mit Richard Rorty. Er gehört eigentlich zu einem anderen Massiv und erscheint nur aus einer bestimmten Blickrichtung als Teil der „Postmoderne“, dann aber wie ihr US-amerikanischer Zwilling. An Richard Rorty und der Philosophie seiner Zeit lässt sich beispielhaft zeigen, was heute gern verleugnet wird: dass das Denken in Frankreich und in den USA sehr ähnlich war. In einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung war die Analytische Philosophie, das vorherrschenden Paradigma in der angelsächsischen Welt, auf ihre ganz eigene Weise selbst „postmodern“. Quelle: „Die Krise des Absoluten“ von Daniel-Pascal Zorn

Von Hans Klumbies

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