Die Bevormundung der Bürger führt zum Verlust der Selbstachtung

Der real existierende Bürger wird ständig mit Verhaltensidealen konfrontiert, vor dessen Hintergrund er automatisch als defizitär erscheint. Reinhard K. Sprenger fügt hinzu: „Was wieder die Bevormundungsindustrie ermächtigt, die Kluft zwischen Sein und Sollen zu bewirtschaften. Das ist betreutes Leben.“ Aber was kostet die systematische Verbannung der Bürgerwürde? Oberflächlich ist es der Verlust der Fähigkeit, selbstbestimmt und selbstverantwortlich zu leben. Schaut man tiefer, dann ist es der Verlust der Selbstachtung. Blickt man auf den Grund, dann sieht man den hoffnungslosen Versuch, den Tod aus dem Leben auszusperren. Der Tod kehrt aber hinterrücks zurück – er treibt das Leben aus dem Hause. Ob jemand glücklich oder unglücklich ist, hängt weniger von den äußeren Umständen ab, als vielmehr von seiner inneren Einstellung. Reinhard K. Sprenger, promovierter Philosoph, ist einer der profiliertesten Führungsexperten Deutschlands.

Jeder Bürger soll auf seine eigene Weise nach Glück streben können

Der Staat kann und darf keine Glücksversprechen abgeben. Er soll einen Rechtsrahmen schaffen, in der die Bürger auf je ihre eigene Weise nach dem Glück streben können. Reinhard K. Sprenger erläutert: „Das ist die „negative“ Freiheitsidee als weitgehende Abwesenheit von Zwang, die sich auch jeder erzieherischen Zudringlichkeit enthält.“ Das Grundeinkommen ist hingegen einer „positiven“ Freiheit verpflichtet, die aktiv gestaltend in diesen Suchprozess der Individuen eingreift und sich mit sozialen Wünschbarkeiten verknüpft.

Dabei wird die große Botschaft des nachparadiesischen Christengottes ignoriert: Tue, was du willst, und zahle dafür. Selbst! Und bürde nicht die Konsequenzen deines Tuns anderen Menschen auf. Die bloße Existenz sozialer Institutionen ist für Reinhard K. Sprenger eine strukturelle Dauereinladung, sie auch zu nutzen. Sie erzeugt eine angebotsindizierte Nachfrage. Eigentlich ist ein Depp, wer es nicht tut. Politik ist daher stets Beileidspolitik. Es gibt unendlich viele öffentlichen Instanzen, die die gelernte Hilfslosigkeit der Menschen ausbeutet, um sich unersetzlich zu machen.

Politiker etikettieren oft ihre eigenen Interessen als Gemeinwohl

Reinhard K. Sprenger weiß: „Je hilfloser die Menschen, desto mehr können Politiker verteilen und regulieren. Vor allem auch zu ihren eigenen Gunsten. Deshalb etikettieren sie ihre eigenen Interessen als Gemeinwohl.“ Gegenüber Menschen, die ihre Interessen selbst artikulieren können, verbietet sich jede Einstellung der Fürsorglichkeit. Führung, und das meint auch politische Führung, darf sich nur als Führung zur Selbstführung verstehen. Man muss den Menschen die Chance geben, erwachsen zu werden.

Hilfe ist nur da notwendig, wo ein Mensch sich nicht mehr selbst helfen kann. Der westliche Sozialstaat beruht ja auf dem Prinzip, dass er Menschen hilft, die nicht „selbstverschuldet“ in eine Notlage geraten sind. Das Problem ist die Dehnbarkeit dieses Begriffs. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Man kann den Begriff so weit fassen, wie es die US-Amerikaner getan haben. Wer kein eigenes Haus besitzt, wer also nicht zur „nation of home owners“ gehört, war dort in einer existenziellen Notlage. Quelle: „Gehirnwäsche trage ich nicht“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies