Emotionen spielen bei der Geldanlage eine gewaltige Rolle

Jeder Mensch ist unvollkommen und emotional. Morgan Housel brauchte eine Weile, um diese Wahrheit zu erkennen, doch kaum hatte es geklickt, verstand er, dass dieser Umstand bei der Geldanlage eine gewaltige Rolle spielt. Morgan Housel erläutert: „Die – oft übersehene – Folgerung daraus lautet: Versuche nicht, finanzielle Entscheidungen allein anhand eines kalt rationalen Kalküls zu treffen. Versuche lieber, einigermaßen vernünftig zu entscheiden.“ Das ist ein realistischeres Ziel, es erhöht die Chance langfristig dabeizubleiben – und darauf kommt es bei der Geldanlage ja an. Die Finanzwissenschaft sucht nach mathematisch optimalen Investmentstrategien. Doch nach Morgan Housels Theorie streben Menschen in Wirklichkeit keine mathematisch optimale Strategie an. Sie suchen nach einer Strategie, die sie nachts ruhig schlafen lässt. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

Anleger sollten ihre Investitionen lieben

Tatsächlich spricht aber auch ein durchaus rationaler Grund für „irrationale“ Entscheidungen. So möchte Morgan Housel jedem raten, seine Investitionen zu lieben. Dieser Tipp entspricht nicht den traditionellen Ratschlägen. Morgan Housel erklärt: „Anleger reklamieren gerne stolz, keinerlei Gefühle für die einzelnen Bestandteile ihres Portfolios zu hegen, weil sie diese Einstellung für rational halten. Doch Gleichgültigkeit gegenüber der eigenen Strategie oder den eigenen Aktien erhöht die Wahrscheinlichkeit, sie aufzugeben, sobald Schwierigkeiten auftreten.“

Dann verwandelt sich die persönliche vermeintliche Rationalität in eine Belastung. Der vernünftige Anleger, der seine genau genommen unvollkommene Strategie liebt, ist da im Vorteil, weil er eher bei ihr bleibt. Morgan Housel fügt hinzu: „Nur wenige finanzielle Variablen sind stärker mit den Renditen korreliert als die persönliche Treue, auch in schlechten Zeiten bei seiner Strategie zu bleiben.“ Je unbeirrbarer man Kurs hält, desto höher ist die Gesamtrendite und desto wahrscheinlicher wird man diese Rendite über einen gegebenen Zeitraum hinweg erwirtschaften.

Man sollte nicht auf Börsenprognosen hin investieren

Die „Heimatliebe“ bei Aktien ist bekannt: Menschen investieren bevorzugt in Unternehmen ihres Heimatlandes und ignorieren dabei den Rest des Planeten weitgehend. Dieses Verhalten scheint laut Morgan Housel erst einmal nicht rational zu sein – bis man bedenkt, dass Investieren heißt, Fremden Geld zu geben. Wenn Vertrautheit Menschen dabei hilft, anderen dieses Vertrauen entgegenzubringen, sind solche Gefühle nur vernünftig. Daytrading und Stockpicking sind für die meisten Anleger nicht rational – wahrscheinlich zahlen sie dabei drauf.

Morgan Housel weiß: „Die meisten Vorhersagen, wie sich Wirtschaft und Börse demnächst entwickeln, liegen total daneben.“ Trotzdem ist es vernünftig, Vorhersagen zu treffen. Es ist gefährlich, auf Börsenprognosen hin zu investieren. Aber Morgan Housel leuchtet ein, warum Menschen vorherzusagen versuchen, was das nächste Jahr bringt. Das liegt in der menschlichen Natur. Es ist also nur vernünftig. Nur zu wahr ist allerdings, dass das Leben nicht immer konsequent ist. Quelle: „Über die Psychologie des Geldes“ von Morgan Housel

Von Hans Klumbies