Schiller und Goethe waren gefeierte Schriftsteller

Im Jahr 1789 nahm Friedrich Schiller eine schlecht bezahlte Stelle an der Universität in Jena an. Andrea Wulf weiß: „Dort hielt er Vorlesungen über Geschichte und Ästhetik, und auch wenn das Geld knapp war, hatte er doch endlich die Freiheit zu schreiben.“ Johann Wolfgang von Goethe aber hielt sich von ihm fern. Beide waren gefeierte Schriftsteller, und beide wussten voneinander. Da Goethe im nur zwanzig Kilometer entfernten Weimar lebte, scheint es seltsam, dass sie nie wirklich miteinander sprachen. Es war Johann Wolfgang von Goethe, der den Kontakt gemieden hatte, wie er später zugab. Als Autorin wurde Andrea Wulf mit einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet, vor allem für ihren Weltbestseller „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“ 2016, der in 27 Sprachen übersetzt wurde.

Johann Wolfgang von Goethe konnte ruppig und arrogant sein

Im Laufe der Jahren waren sich Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe ein paarmal begegnet, hatten aber nur oberflächlich miteinander gesprochen. Andrea Wulf ergänzt: „Goethe war charmant, freundlich und aufmerksam, wenn er wollte, konnte aber auch ruppig und arrogant sein. Wenn er gelangweilt oder nicht interessiert war, wechselte er abrupt das Thema.“ Junge Dichter und Bewunderer fürchteten sich so sehr vor dem „kalten, einsilbigen Gott“, dass sie regelmäßig aus dem Zimmer rannten, um nicht mit ihm sprechen zu müssen.

Johann Wolfgang von Goethe war der „größte Egoist, den ich je kennen lernte“, sagte Christoph Martin Wieland, ein weiterer berühmter Dichter in Weimar. Goethe hegte mit Sicherheit keine warmherzigen Gefühle für Friedrich Schiller. Andrea Wulf erläutert: „Ihm missfielen die revolutionären Züge der „Räuber“ und die aufrührerische Wirkung, die das Stück auf die Studenten und die Damen am Weimarer Hof hatte.“ Das Drama erinnerte ihn auch zu sehr an seine eigene melodramatische und längst vergangene Sturm-und-Drang-Zeit.

Friedrich Schiller und seine Frau mussten sparsam leben

Eifersucht mag ebenfalls eine Rolle gespielt haben, denn der jüngere Dramatiker war in aller Munde, während Johann Wolfgang von Goethe sich mit seiner eigenen Kreativität im Kreis drehte. Andrea Wulf fügt hinzu: „Schiller seinerseits empfand eine Mischung aus Bewunderung und Abneigung für den älteren Dichter. Er bewunderte Goethes dichterisches Genie und sehnte sich verzweifelt nach dessen Anerkennung, hielt ihn aber auch für selbstsüchtig und eitel.“

Von Johann Wolfgang von Goethe irgendeine Art von Anerkennung bekommen zu wollen, so Friedrich Schiller, komme ihm vor wie die Verführung einer „stolzen Prüden“. Andrea Wulf stellt fest: „Der zehn Jahre jüngere Schiller befand sich 1794 finanziell und beruflich in einer völlig anderen Situation als Goethe. Goethe war weltgewandter, erfahrener und wohlhabender – und sein Leben erinnerte Schiller daran, wie schwierig sein eigenes war.“ Friedrich Schiller und seine Frau mussten sparsam leben. Quelle: „Fabelhafte Rebellen“ von Andrea Wulf

Von Hans Klumbies