Selbstheilung hat nichts mit Esoterik zu tun

In den Gehirnen vieler Menschen gibt es noch immer die tief verankerte Vorstellung, der menschliche Organismus funktioniere so ähnlich wie eine besonders kompliziert aufgebaute Maschine. Dazu gehört der Glaube, die genetischen Anlagen eines Menschen seien dafür verantwortlich, dass sich die verschiedenen Organe und Organsysteme in exakt vorbestimmter Weise herausbilden. Und dass es mehr oder weniger optimale Baupläne für die Entwicklung eines gesunden, leistungsfähigen Organismus gebe. Gerald Hüther erläutert: „Wer so denkt, ist dann auch davon überzeugt, dass es im Verlauf der Nutzung der verschiedenen Organe und Organsysteme zu entsprechenden Abnutzungserscheinungen und Defekten kommt.“ Diese im normalen Betriebsmodus des Körpers unvermeidbaren Defekte sollten sich durch entsprechende Reparaturen beheben lassen. Auf der Grundlage dieser Vorstellung ist ein medizinisches System entstanden, dass seine vorrangige Aufgabe in der Behebung von Störungen einzelner Organe und Organfunktionen sah. Gerald Hüther ist Neurobiologe und Verfasser zahlreicher Sachbücher und Fachpublikationen.

Ein Organismus möchte so wenig Energie wie möglich verbrauchen

Dieses medizinische System war enorm erfolgreich und hat dazu geführt, dass die meisten Menschen auch heute noch der Meinung sind, dass alles, was in ihrem Körper aus irgendeinem Grund nicht richtig funktioniert, wieder repariert werden könne. Wer so denkt, kann unter „Selbstheilung“ dann auch nichts anderes verstehen, als unwissenschaftliches oder gar esoterisches Palaver. Wenn es aber so ist, dass jeder Organismus einen Zustand anstrebt, in dem alles, was in seinem Inneren abläuft, also weitgehend kohärent ist und so wenig Energie wie möglich verbraucht.

Wenn das zutrifft, dann ist Selbstheilung nicht anderes als ein besonderer Ausdruck dieses normalen ständig stattfindenden Prozesses der Selbstorganisation. Tatsächlich verfügt ja auch jeder Organismus über ein breites Spektrum von Mechanismen, Reaktionen und Verhaltensweisen. Diese wirken auf unterschiedlichen Ebenen und tragen in jeweils spezifischer Weise dazu bei, Störungen des normalerweise stattfindenden Zusammenwirkens seiner Zellen und Organe und ihrer Funktionen auszugleichen.

Die meisten Menschen überhören Schmerzsignale

Gerald Hüther stellt fest: „Ohne diese Selbstheilungskräfte wäre keine Wundheilung, keine Überwindung einer Infektion, keine Rekonstitution nach einer Operation, also im weitesten Sinne keine Genesung von einer Erkrankung möglich.“ Über diese Fähigkeit zur Selbstheilung verfügen auch alle Pflanzen und Tiere, auch jede einzelne Zelle. Dabei handelt es sich um eine Leistung, die nur dann zu einer nachhaltigen Heilung führt, wenn sie das jeweilige Lebewesen als eine „ganzheitliche“ Antwort umsetzt.

Eine Person, die tagein, tagaus auf einem Stuhl vor einem Monitor sitzt, hat ein Problem. Zuerst bemerken das die Wirbelsäule und vor allem die Rücken- und Nackenmuskulatur. Die senden dann entsprechende Signale zum Gehirn. Gerald Hüther erklärt: „Sobald die betreffende Person diesen Schmerz wahrnimmt, wird sie sich normalerweise erheben, sich bewegen und den Rücken entlasten, sodass sich die Muskulatur dort wieder von dieser Dauerspannung erholen kann.“ Leider haben aber die meisten Menschen sehr gut gelernt, dieses Schmerzsignal zu überhören. Quelle: „Lieblosigkeit macht krank“ von Gerald Hüther

Von Hans Klumbies

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