Die Generation Angst hat kein Enddatum

Das neue Buch „Generation Angst“ von Jonathan Haidt erzählt die Geschichte der Generation, die nach 1995 geboren wurde, allgemein als Generation Z bezeichnet. Dabei handelt es sich um jene Generation, die auf die sogenannten Millennials – geboren 1981 bis 1995 – folgte. Jonathan Haidt glaubt nicht, dass die Generation Z – die ängstliche Generation – ein Enddatum hat. Sie endet nur dann, wenn die Erwachsenen die Bedingungen für eine Kindheit verändern, die junge Menschen so ängstlich macht. Jonathan Haidt schreibt: „Generation Z wurde die erste Generation in der Geschichte, die ihre Pubertät mit einem Portal in der Tasche durchlebte, das sie fort von den Menschen um sie herum in ein alternatives Universum rief, das aufregend, suchterzeugend, instabil und – wie ich zeigen werde – für Kinder und Heranwachsende ungeeignet war.“ Jonathan Haidt ist Professor für Sozialpsychologie an der New York University. Seine Forschungsschwerpunkte sind die psychischen Grundlagen von Moral, moralische Emotionen und Moralvorstellungen in verschiedenen Kulturen.

Das Überbehüten von Kindern hat eine katastrophale Wirkung

Teenager der Generation Z wurden dazu verführt, jeden Tag viele Stunden damit zu verbringen, durch die glücklich strahlenden Posts von Freunden, Bekannten und fernen Influencern zu scrollen. Sie verwendeten weitaus weniger Zeit darauf, mit Freunden oder Familienmitgliedern zu spielen, sich mit anderen zu unterhalten, sie zu berühren oder nur Augenkontakt mit ihnen aufzunehmen. Jonathan Haidt stellt fest: „Dadurch reduzierte sich ihr Anteil an körperlichen sozialen Verhaltensweisen, die für eine erfolgreiche menschliche Entwicklung unbedingt nötig sind.“

Bei der Großen Neuverdrahtung der Kindheit geht es nicht nur um Veränderungen in den Technologien, die den Tagesablauf und die Psyche von Kindern formen. Es gibt einen zweiten Handlungsstrang: das wohlmeinende, aber katastrophale Überbehüten von Kindern, durch das ihre Autonomie in der „wirklichen Welt“ stark eingeschränkt wird. Um zu gedeihen, brauchen Kinder viel freies Spiel. Die kleinen Herausforderungen und Rückschläge, die während des Spiels auftreten, sind wie eine Impfung, die Kinder darauf vorbereitet, sich später viel größeren Herausforderungen zu stellen.

Eine gesündere Kindheit im digitalen Zeitalter ist möglich

Jonathan Haidt schreibt: „Meine zentrale These ist, dass diese beiden Trends – Überbehütung in der wirklichen Welt und Unterbehütung in der virtuellen Welt – die Hauptursachen dafür sind, dass nach 1995 geborene Kinder zur „ängstlichen Generation“ wurden.“ Das Buch „Generation Angst“ umfasst vier Teile. Teil eins erläutert die Trends, die Wissenschaftler bei der psychischen Verfassung von Jugendlichen seit 2010 beobachten. In Teil zwei geht es um das Wesen der Kindheit und wie Erwachsene sie verunstaltet haben.

Teil drei schildert die negativen Folgen, die aus der neuen, smartphonebasierten Kindheit resultieren. Teil vier zeigt auf, was man tun muss, um die angerichteten Schäden in Familie, Schule und Gesellschaft zu reparieren. Jonathan Haidt nennt vier Reformen, die eine Grundlage für eine gesündere Kindheit im digitalen Zeitalter liefern. Erstens: Kein Smartphone vor einem Alter von etwa vierzehn Jahren. Zweitens: Keine sozialen Medien vor dem sechzehnten Lebensjahr. Drittens: Schulen ohne Smartphones. Viertens: Weit mehr unüberwachtes Spiel und Unabhängigkeit in der Kindheit.

Generation Angst
Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlieren und ihre psychische Gesundheit aufs Spiel setzen
Jonathan Haidt
Verlag: Rowohlt
Gebundene Ausgabe: 445 Seiten, Auflage: 2024
ISBN: 978-3-489-02836-7, 26,00 Euro

Von Hans Klumbies