Vielen Menschen ist am Schutz von Minderheiten gelegen

Markus Gabriel stellt fest: „Minderheiten kann man keineswegs stets den Anspruch zugestehen, Gehör zu finden und bei Entscheidungsprozessen mit am Tisch zu sitzen.“ Pädokriminelle, Antidemokraten, eindeutige Verfassungsfeinde, Mörder usw. haben aufgrund ihrer moralischen Defizite schlichtweg nicht das Recht, als Minderheiten vor institutioneller Härte geschützt zu werden. Vielen Menschen ist jedoch zu Recht am Schutz von Minderheiten gelegen. Zu schützende Minderheiten sind meistens solche, denen man nachweisbar Unrecht angetan hat. Man muss sie besonders schützen, um ihnen das volle moralische und juristische Recht zukommen zu lassen, dessen man sie beraubt hat. Es gehört zu der moralisch empfehlenswerten Seite der Demokratie, dass sie zu Unrecht unterdrückten Minderheiten Gehör verschafft. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

Die Demokratie muss ihren Fortbestand sichern

Diese Minderheiten haben unter ihrem Ausschluss gelitten, weil die öffentliche Meinungsbildung sie nicht in Betracht gezogen hat. Unter bestimmten Bedingungen ist dies jedoch moralisch geboten und damit auch ein echter demokratischer Wert. Diese möchte man mittels des Werts der freien Meinungsäußerung staatlich schützen und befördern. Doch wer verdient Gehör? In diesem Zusammenhang muss man sich dringend die Frage stellen, welche Grenzen der Meinungsfreiheit und der Umstrukturierung der gesellschaftlichen Verhältnisse bestehen.

Markus Gabriel betont: „Die Demokratie ist berechtigt und sogar moralisch dazu aufgefordert, ihren eigenen Fortbestand zu sichern.“ Denn sie beruht auf dem universal gültigen Wertekanon der Aufklärung. Dessen Ziel ist es, akzeptable, ja im Idealfall förderliche institutionelle Rahmenbedingungen zur Entfaltung aller menschlichen Persönlichkeiten zur Entfaltung der menschlichen Persönlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Und zwar solche, die im Rahmen moralischer Legitimität denkbar sind.

Demokratie heißt nicht Mehrheitsentscheid

Hierbei gilt mindestens das von Immanuel Kant formulierte Grundprinzip für einen Rechtsstaat. Nämlich dass die eigene Freiheit dort aufhört, wo die Freiheit anderer beginnt. Deshalb muss man jedenfalls Übergriffe auf die Spielräume anderer sanktionieren, die es ihnen unmöglich machen, sich zu entfalten. Mit diesem einfachen Argument kann man das Paradox der Demokratie aushebeln. Dieses besagt, eine Demokratie könne sich auch selbst abwählen, wenn eine qualifizierte Mehrheit dies beschließe.

Viele meinen, Demokratie heiße Mehrheitsentscheid. Doch das ist zu kurz gedacht. Wenn in Deutschland eine neue nationalsozialistische Diktatur durch Mehrheitsbeschluss errichtet würde, wäre diese Entscheidung im Rahmen der Demokratie nicht gerechtfertigt. Von staatlicher Seite her müsste man sie entsprechend bekämpfen. Moral geht vor Mehrheit, das ist für Markus Gabriel eine entscheidende Spielregel der Demokratie. Dadurch unterscheidet sie sich nicht zuletzt von der antiken Demokratie der Athener. Diese hatten diese moralische Tatsache und nicht erkannt und fällten deswegen ziemlich grausame Urteile. Quelle: „Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten“ von Markus Gabriel

Von Hans Klumbies

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