Der Mensch ist zum Untergang bestimmt

Der Mensch, so Zarathustra mit einer berühmt gewordenen Formulierung, „ist ein Seil, geknüpft zwischen Thier und Übermensch, – ein Seil über einem Abgrund“. Das Bild des Seils ist für Konrad Paul Liessmann so eindringlich wie schief. Der Mensch erscheint als Brücke, als Übergang zwischen den Existenzformen Tier und Übermensch. Darunter lauert ein Abgrund. Der Mensch ist Mensch nur auf Abruf, etwas Vorläufiges, der sich auf einem unsicheren Weg befindet. Er bewegt sich auf einem gefährlichen Hinüber, immer bedroht von einem gefährlichen Schaudern und Stehenbleiben. In diesem Sinne ist der Mensch zum Untergang bestimmt, denn er soll über sich hinausgehen können. Mit anderen Worten: Was jetzt noch Mensch heißt, soll verschwinden. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie an der Universität Wien. Zudem arbeitet er als Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Im Zsolnay-Verlag gibt er die Reihe „Philosophicum Lech“ heraus.

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Anpassung erhöht die Widerstandsfähigkeit

Effizienz ist ein zeitlicher Wert, Resilienz ein Zustand. Eine Effizienzsteigerung geht oft auf Kosten der Widerstandsfähigkeit, doch das Gegenmittel ist nicht mehr Effizienz, sondern Anpassungsfähigkeit. Jeremy Rifkin erläutert: „Die Anpassungsfähigkeit hat große Ähnlichkeit mit dem Konzept der „Harmonisierung“ der Natur, das für östliche Religionen und Philosophien typisch ist.“ Die Effizienz zielt auf die Beseitigung von Reibungsverlusten. Dabei handelt es sich um Redundanzen, die Geschwindigkeit und Optimierung von wirtschaftlichen Aktivitäten bremsen könnten. Während die Effizienz eine zeitliche Größe ist, handelt es sich bei der Produktivität ganz einfach um das Verhältnis von erzielten Erträgen und den eingesetzten Mitteln. Damit sind vor allem technische Mittel und innovative Unternehmenspraktiken gemeint. Jeremy Rifkin ist einer der bekanntesten gesellschaftlichen Vordenker. Er ist Gründer und Vorsitzender der Foundation on Economic Trends in Washington.

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Blutspenden rettet Leben

Blutspenden sind ein lebenswichtiger Bestandteil des Gesundheitssystems und spielen eine entscheidende Rolle bei der Rettung von Leben. Unfälle, Operationen, Krebspatienten und chronisch Kranke – sie alle sind auf regelmäßige Bluttransfusionen angewiesen. Trotz dieser essenziellen Bedeutung ist die Bereitschaft zur Blutspende in der Bevölkerung oft nicht ausreichend. Die Gründe für diese Zurückhaltung sind vielfältig, aber die … Weiterlesen

Das Eingeständnis eines Fehlers kann sich lohnen

In freiheitlichen Gesellschaften, in denen Journalisten recherchieren und die politische Konkurrenz aufpasst, haben Vertuschungsversuche von Politikern oft kurze Beine. Sie können sich als der größere Fehler erweisen. Aristoteles wird der Satz zugeschrieben: „Eine Fehler durch eine Lüge zu verdecken heißt, einen Flecken durch ein Loch zu ersetzen.“ Wenn man die Sache vom Ende her denkt, liegt ein guter Umgang mit Fehlern im eigenen Interesse. Helene Bubrowski meint: „Und auch kurzfristig kann sich das Eingeständnis eines Fehlers lohnen, denn oft nimmt er einer Empörungswelle die Spitze.“ Die meisten Entschuldigungen erfolgen aus Eigeninteresse – aus dem Kalkül, dass es weniger Nachteile hat, sich zu entschuldigen als es nicht zu tun. Die Bitte um Verzeihung dient aber letztlich doch auch einem gesellschaftlichen Zweck. Helene Bubrowski arbeitet als Politikkorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Berliner Hauptstadtbüro.

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Die Freiheit ist das bestimmende Kennzeichen der Demokratie

Den Begriff der Freiheit durchzieht von seiner griechischen Entdeckung her eine gewisse Spannung. Der Schritt, der von der einen zur anderen Seite führen kann, zeigt sich exemplarisch an der Existenz der Demokratie. Denn die Freiheit, sagt Aristoteles, ist ihr „bestimmendes Kennzeichen“. Christoph Menke ergänzt: „Die Freiheit definiert die Würdigkeit in der Demokratie – sie ist es, was die Demokratie hochschätzt, ja, worin sie nach Perikles ihr Glück sieht.“ Das kann auf zwei ganz verschiedene, ja entgegengesetzte Weisen verstanden werden. Das erste Verständnis ist politisch. Es definiert, so Herodot, die demokratische Freiheit als die „Herrschaft des Volkes“, durch die „Gleichberechtigung aller“. Demokratische Freiheit heißt, so erläutert Thukydides, dass „in den Streitigkeiten der Bürger alle ihr gleiches Teil“ haben. Christoph Menke ist Professor für Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

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„Solange ich atme, hoffe ich.“

Der 26. Band des Philosophicums Lech mit dem Titel „Alles wird gut“ handelt von der Hoffnung. Konrad Paul Liessmann beginnt seinen Beitrag mit einer alten Weisheit: „Solange ich atme, hoffe ich.“ Diese Sentenz gehört wahrscheinlich zu den meistzitierten Sätzen der Antike. Sie wird gemeinhin Marcus Tullius Cicero zugeschrieben. Wer hofft, ist in unruhiger Erwartung im Hinblick auf ein kommendes Ereignis. Die innere Bewegtheit der Hoffnung zeigt an, dass diese prinzipiell zukunftsgerichtet ist. Konrad Paul Liessmann fügt hinzu: „Hoffnung ist eine Form, sich emotional auf ein positiv gedachtes Zukünftiges einzustellen. Das Gegenteil ist die Furcht.“ Hoffen hat zudem eine soziale Komponente. Man kann für sich selbst etwas erhoffen; und man kann hoffen, dass einem anderen Menschen eine gute Zeit bevorsteht, sein Unternehmen gelingt, seine Wünsche sich erfüllen.

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Beim Einkommen ist die Ungleichheit in Deutschland sehr hoch

Marcel Fratzscher stellt fest: „Deutschland ist zweifellos eines der reichsten Länder der Welt mit der höchsten Produktivität der Beschäftigten und Unternehmen. Die Löhne und Einkommen sind daher im internationalen Vergleich hoch. Aber die Lebenshaltungskosten sind ebenfalls hoch. Und sie sind durch steigende Mieten gerade in den Städten in den vergangenen Jahren für Beschäftigte mit geringen Einkommen nochmals deutlich gestiegen. Ungewöhnlich viele Menschen können also nicht sparen, weil sie ihr komplettes monatliches Einkommen für ihren Lebensunterhalt benötigen. Bei den Markteinkommen, also den monatlichen Einkommen vor Steuern und Abgaben, ist die Ungleichheit in Deutschland im internationalen Vergleich recht hoch. Sie liegt im oberen Drittel aller Industrieländer. Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin.

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Die Bürger sind für eine stabile Demokratie verantwortlich

Das neue Philosophie Magazin 04/2024 geht im Titelthema der Frage nach: Ist die Demokratie auf Sand gebaut? Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt dazu: „Tatsächlich erlebt wohl jeder Mensch diese Momente, in denen man am Fundament unserer Staatsform, die alle Macht dem Volk verleiht, schier verzweifelt.“ Auch wenn alle Macht beim Volk liegt, gibt es kein Prüfsiegel für Mündigkeit und moralische Integrität. Niemand muss vor dem Wahlgang beweisen, dass er urteilsfähig ist. Der Rechtsphilosoph und Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde sagt: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Demokratien sind nur so lange stabil, wie die Bürger bestimmte, freiheitliche Werte teilen. Etwa, dass die Würde eines jeden Menschen unantastbar ist.

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Geliebt zu werden ist ein Glück

Die Erfahrung der Andersheit zeigt früher oder später Wirkung. Charles Pépin erläutert: „Durch die Berührung mit dir entdecke ich nicht nur deine Sichtweise, ich verändere mich auch. Ich habe einen neuen Weg eingeschlagen, habe einige meiner Gewohnheiten und auch einige Einstellungen geändert. Meine Vorlieben haben sich gewandelt und in manchen Situationen reagiere ich nicht mehr wie früher, kurzum, ich habe mich verändert.“ Ob zum Besseren oder nicht, ist unwichtig. Der fühlbarste Beweis dafür, dass man einem anderen begegnet ist, besteht darin, dass man sein Leben anders als vorher führt. Ein Don Juan dagegen verändert sich nicht: Er verführt alle Frauen, aber keiner begegnet er. Charles Pépin ist Schriftsteller und unterrichtet Philosophie. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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Die Demokratie braucht mündige Bürger

Noch liegt der Großteil der notwendigen weiteren Entwicklungsschritte der Demokratie in den Händen der politischen Entscheidungsträger. Hans-Otto Thomashoff betont: „Doch eben auch wir Bürger können aktiv beitragen zur Sicherung, zum Erfolg und zur evolutionären Weiterentwicklung unseres Gesellschaftssystems. Das übergeordnete langfristige Ziel dabei muss es sein, die Lebensqualität möglichst weitgehend für möglichst alle in der Gesellschaft zu verbessern.“ Um die Demokratie zu schützen und sie nicht in die Hände radikaler Populisten von rechts oder links entgleiten zu lassen, ist es an erster Stelle wichtig, dass man sich selbst als erwachsener, mündiger Bürger seine eigene Meinung bildet. Eine solche fundierte Meinungsbildung zu den Werten, die eine Demokratie prägen und zu den Wegen, die zu diesen Werten führen, erlaubt es in der Regel dann auch an ihnen festzuhalten, wenn gelegentlich die Gefühle hochkochen. Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien.

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Ein Fake verfolgt meist unlautere Absichten

Thomas Strässle stellt fest: „Die gegenwärtige Debatte über den Fake ist in erster Linie eine politische Debatte, keine philosophische oder ästhetische. Sie hat es mit einem Phänomen zu tun, das sich als manipulativer Übergang an Fiktionalität über die Faktizität beschreiben lässt.“ Solche Manipulationen können aus unterschiedlichsten Gründen und mit verschiedenen Zielen geschehen. Sie erfolgen aber meist aus unlauteren Absichten. Entsprechend trägt die Debatte auch moralische Züge. Der Fake gilt als eine Plage der Gegenwart, die mit allen Mitteln bekämpft und nach Möglichkeit wieder aus der Welt geschafft werden soll. Univ. – Prof. Dr. Thomas Strässle ist Leiter des spartenübergreifenden Y Instituts an der Hochschule der Künste in Bern. Zudem ist er Professor für Neuere deutsche und vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Zürich.

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Aristoteles entwickelt die Idee der Eudaimonia

Die Vorstellung, dass Menschen sich entfalten und wachsen wollen, geht zurück auf philosophische Vorstellungen aus der griechischen Antike. Michaela Brohm-Badry erläutert: „Aristoteles war es, der die Vorstellung eines guten Lebens mit denen der menschlichen Entwicklung verband.“ Seine Idee der Eudaimonia meint einen guten Geist, der die Glückseligkeit bringt. Ziel des menschlichen Strebens ist, so Aristoteles, das gelingende oder gute Leben. Dieses hat Werte und Ziele – von ihm als „Tugenden“ bezeichnet. Dem zugrunde liegt ein Wachstumsmotiv, welches im Menschen darauf drängt, seine Fähigkeiten zu vervollkommnen und ein im Großen und Ganzen gutes Leben zu führen. Aristoteles lehrte, dass eine Neigung in allen menschlichen Systemen besteht, das Gute des Menschseins aktiv anzustreben und zu erreichen. Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry ist Professorin für Lernforschung. Sie war langjährige Dekanin des Fachbereichs Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Philosophie und Psychologie an der Universität Trier.

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Erfahrungen und Emotionen können die Quelle für Wissen sein

Michael Hampe erzählt in seinem neuen Buch „Wozu?“ die beispielhafte Biografie eines Menschen. Er schreibt: „Autobiografische Philosophie basiert auf der Idee, dass persönliche Erfahrungen und Emotionen eine legitime Quelle für Wissen und Einsichten sind.“ Einige Beispiele von Philosophinnen und Philosophen, die autobiografische Elemente in ihren Arbeiten verwendeten, sind Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir und Friedrich Nietzsche. Ihre Arbeiten offenbaren eine Menge über ihre eigene Lebenserfahrung, ihre persönlichen Gedanken und Gefühle und darüber, wie sie ihre philosophischen Ideen geformt haben. Es ist behauptet worden, dass man „das Selbst“ als eine Fiktion ansehen könnte, die, so wie ein Schwerpunkt als der Ort, an dem die Gravitationskraft auf einen Körper wirkt, innerhalb einer Erzählung entsteht als die Perspektive, aus der die Erzählung gesponnen wird und zu der sie immer wieder zurückkehrt. Michael Hampe ist seit 2003 Professor für Philosophie an der ETH Zürich.

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Die Natur ist eine gewaltige medizinische Ressource

Die Natur dient dem Menschen nicht nur als Lebensraum, sie ist auch eine gewaltige medizinische und soziale Ressource. Joachim Bauer erläutert: „Menschliche Gesundheit, gutes menschliches Zusammenleben und die Bewahrung der Natur stehen in einem Dreiecksverhältnis der Gegenseitigkeit.“ In der Natur zu sein und sie bewusst auf sich wirken zu lassen fördert die körperliche und psychische Gesundheit. Es fördert zudem die Bereitschaft, sich gegenüber Mitmenschen empathisch zu verhalten. Umgekehrt zeigen Menschen mit ausgeprägter Empathie ein höheres Interesse an Fragen des Umweltschutzes und eine stärker ausgeprägte Bereitschaft, sich in Umweltfragen zu engagieren. Joachim Bauer fordert, dass sich die Menschen wieder in eine echte Beziehung zur Natur setzen sollten. Damit ist gemeint, dass man die Natur nicht nur als Kulisse für diverse selbstgefällige oder ehrgeizige sportliche Auftritte benutzt. Prof. Dr. Med. Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Arzt.

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Klimawandel und die Ausbreitung von Insekten

Der Klimawandel hat weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Eine der besorgniserregendsten Folgen ist die Ausbreitung von Insekten, die Krankheiten wie Denguefieber, Malaria und Borreliose übertragen können. Diese Veränderungen stellen neue Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit dar und erfordern gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention. Die Rolle des Klimawandels Der Klimawandel führt … Weiterlesen

Der politische Gehalt der Freiheit verändert sich ständig

Der politische Gehalt dessen, was Freiheit sein soll, hat sich im Lauf der Zeiten immer wieder verändert. Hans-Jürgen Papier blickt zurück: „Im klassischen Griechenland war die Demokratie Sache der Freien, Besitzenden und Gebildeten. Das schloss die große Mehrheit der Menschen aus. In den feudalen Gesellschaften des Mittelalters herrschten starke Hierarchien und eine unverrückbare Ordnung von Abhängigkeiten. Der Grad an Freiheit des einzelnen Menschen hing vom Grad seiner Macht ab.“ Einer überwiegenden Mehrheit unfreier Bauern stand eine sehr viel kleinere Gruppe von Freien, Lehnsherren und Lehnsleuten gegenüber. Die Lehnsleute wiederum waren ihren Lehnsherren als Vasallen verpflichtet, Dients und Gehorsam zu leisten. Da die Kirche nicht mehr wie im Römischen Reich Staatskirche war, gab es nebeneinander weltliche und kirchliche Herrscher und Hierarchien. Prof. em. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier war von 2002 bis 2014 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

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Die Differenz der Menschen in Deutschland wird weiter wachsen

Hadija Haruna-Oelker hält fest, dass es eine andere Wirklichkeit gibt, welche die breite Öffentlichkeit bisher nicht zugelassen hat: „Wir leben Leben in Differenz in Deutschland, und diese wird weiter wachsen. Die Differenz war immer da, sollte einst ausgelöscht werden und ist trotzdem nicht aufzuhalten.“ Marginalisierte Menschen warten nicht mehr und verschaffen sich die eigene Sichtbarkeit auf eigenen Bühnen. Sie haben ihre eigenen Methoden der Aufarbeitung geschaffen. Sie sind bereit, diese zu teilen. Es ist der Wunsch von vielen Menschen. Hadija Haruna-Oelker nennt es, ein „Wir-Gefühl“ füreinander zu entwickeln. Und sie meint damit ein Verständnis von „ich fühle mit dir“. Sie meint damit keine Nächstenliebe oder vom Leid anderer bewegt zu sein. Hadija Haruna-Oelker lebt als Autorin in Redakteurin und Moderatorin Frankfurt am Main. Hauptsächlich arbeitet sie für den Hessischen Rundfunk.

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Humanisten benennen Elemente des menschlichen Glücks

Die humanistische Tradition wurde seit jeher von einem breiten und langen Schatten begleitet, den man als antihumanistische Tradition bezeichnen könnte. Sarah Bakewell erläutert: „Während Humanisten die Elemente des menschlichen Glücks und der menschlichen Vortrefflichkeit benennen, zählen die Antihumanisten ebenso eifrig unser Elend und unsere Schwächen auf.“ Sie weisen auf zahlreiche Defizite der Menschen hin, auf die Unzulänglichkeiten ihrer Talente und Fähigkeiten, Probleme zu bewältigen und einen Lebenssinn zu finden. Antihumanisten missbilligen oft die Vorstellung, sich an irdischen Vergnügungen zu erfreuen, und plädieren stattdessen für eine radikale Umgestaltung des Lebens der Menschen. Entweder indem sie sich von der materiellen Welt abwenden oder indem sie ihre Ansichten – oder sich selbst – dramatisch verändern. Sarah Bakewell lebt als Schriftstellerin in London, wo sie Creative Writing an der City University lehrt und für den National Trust seltene Bücher katalogisiert.

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Die Grüne Revolution sollte für mehr Nahrungsmittel sorgen

Vater der sogenannten Grünen Revolution war Norman Borlaug, der später mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde für seinen Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in den Entwicklungsländern. Jeremy Rifkin fügt hinzu: „Am Ende jedoch führte dieser Beitrag zu ausgelaugten Böden, die so nährstoffarm sind, dass sie sich nicht ausreichend schnell regenerieren, um in vielen Regionen der Erde eine kritische Lebensmittelknappheit zu verhindern.“ Alles begann mit einem ehrgeizigen Plan, der die landwirtschaftliche Produktion in Indien, später Südostasien und schließlich Afrika und dem Rest der Entwicklungsländer dramatisch steigern und so das größer werdende Hungerproblem lösen sollte. Dieser Plan bestand aus mehreren komplementären Bausteinen, die gemeinsam einen großen Sprung in der landwirtschaftlichen Produktion bewirken sollten. Jeremy Rifkin ist einer der bekanntesten gesellschaftlichen Vordenker. Er ist Gründer und Vorsitzender der Foundation on Economic Trends in Washington.

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Menschen streben nicht unbedingt nach dem Guten

Ina Schmidt ist fest davon überzeugt, dass es einen Bezug zum Guten gibt und geben muss, damit Menschen überhaupt in der Lage sind, ihr Handeln moralisch auszurichten. Was halten die Menschen eigentlich von sich selbst? Gern führen sie die Menschlichkeit an, wenn von humanistischen Gründen oder humaner Hilfe die Rede ist. Dahinter stehen Absichten, die sie mit dem Guten verbinden und eben nicht mit etwas, das auf gedankenlosen Egoismus und profitorientierte Zerstörung ausgerichtet ist. Dass der Mensch dafür gemacht ist, nach dem Guten zu streben, kann man jedoch mit guten Gründen anzweifeln. Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.

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Die Bildung prägt die Persönlichkeit eines Menschen

Auf formaler Ebene fasst man Bildung einerseits als ein Produkt, als die Ausprägung der Persönlichkeit eines Menschen, auf. Und andererseits beschreibt der Begriff „Bildung“ auch den Prozess, wie diese Persönlichkeitsausprägungen vermittelt werden. Markus Hengstschläger erklärt: „Auf inhaltlicher Ebene gilt es zu fragen, welche Persönlichkeitsausprägungen gesellschaftlich wünschenswert sind. Gerade die Ansichten darüber ändern sich aber mit der Zeit.“ Es gab Zeiten, in denen abrufbares Faktenwissen dabei im Vordergrund stand. Heute wird neben fachlichen Qualifikationen immer mehr auch auf soziokulturelle Kompetenzen Wert gelegt. Unter Kompetenzen versteht man in der Regel Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es ermöglichen zu handeln, Situationen zu bewältigen, Aufgaben auszuführen und Probleme zu lösen. Was man unter „Wissen“ versteht, ist in der heutigen Zeit oft Inhalt unendlich erscheinender Diskussionen. Professor Markus Hengstschläger ist Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der MedUni Wien.

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Die Aufklärung muss sich gegen Cancel Culture verteidigen

Die Stärke des aufklärerischen Projekts ist zugleich ihre Schwäche. Im Vertrauen auf die menschliche Vernunftfähigkeit nimmt sie ihre Kritiker als Gesprächspartner ernst und bekämpft sie nicht als Feinde. Julian Nida-Rümelin ergänzt: „Ihre Stärke beruht auf ihrer Universalität und Inklusivität, ihre Schwäche ebenso. Wenn sie sich mit den Mitteln ihrer Feinde, zu denen Cancel Culture ganz wesentlich gehört, verteidigen würde, gäbe sie sich selbst auf. Sie muss sich verteidigen, ohne ihre eigenen Grundlagen zu gefährden.“ Unter Cancel Culture versteht Julian Nida-Rümelin eine kulturelle Praxis, die Menschen abweichender Meinungen zum Schweigen bringt, indem sie erstens die Äußerung dieser Meinungen unterbindet, behindert oder zumindest erschwert. Zweitens, indem sie Personen, die diese Meinung haben, zum Schweigen bringt, aus dem Diskurs ausgrenzt oder zumindest marginalisiert. Julian Nida-Rümelin gehört zu den renommiertesten deutschen Philosophen und „public intellectuals“.

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Denn Sinn des Lebens kann man sehen

Nur wenn es Personen gibt, wie Menschen es sind, gibt es Sinn. Manfred Lütz behauptet: „Der höchste Ausdruck von Sinn aber ist die Kunst. Und kaum ein Ort hat die größten Künstler der Welt wohl so angezogen wie Rom.“ Rom ist einzigartig, weil es seit weit über 2000 Jahren Hauptstadt ist, nicht bloß Hauptstadt eines Landes oder einer Nation, sondern Hauptstadt der Welt. Der Autor ist überzeugt, dass man in Rom den Sinn des Lebens, das, was er für den Menschen, für jeden Menschen, wesentlich ist, tatsächlich sehen kann. Jeder natürlich auf seine ganz persönliche Weise. Denn echte Kunst zwingt nicht, sie lädt ein. Manfred Lütz hat Medizin, Theologie und Philosophie in Bonn und Rom studiert. Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Autor zahlreicher Bestseller.

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Die Künstliche Intelligenz kann nicht denken

Das Denken ist auf der tieferen Ebene ein dezidiert analoger Vorgang. Bevor es die Welt in Begriffen fasst, ist es von ihr ergriffen, ja affiziert. Byung-Chul Han ergänzt: „Das Affektive ist wesentlich für das menschliche Denken. Das erste Denkbild ist die Gänsehaut. Künstliche Intelligenz (KI) kann schon deshalb nicht denken, weil sie keine Gänsehaut bekommt.“ Ihr fehlt die affektiv-analoge Dimension, die Ergriffenheit, die von Daten und Informationen nicht eingeholt werden kann. Das Denken geht von einer Ganzheit aus, die den Begriffen, Vorstellungen und Informationen vorgelagert ist. Es bewegt sich bereits in einem „Erfahrungsfeld“, bevor es sich den in diesem vorkommenden Gegenständen und Tatsachen eigens zuwendet. Das Seiende im Ganzen, dem das Denken gilt, ist zunächst in einem affektiven Medium wie Stimmung erschlossen. Die Bücher des Philosophen Byung-Chul Han wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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Smoothies: Eine verführerische Gesundheitsfalle?

Smoothies gelten als Inbegriff der modernen, gesunden Ernährung. In vielen Lifestyle-Magazinen und Fitness-Blogs werden sie als schneller Vitamin- und Nährstofflieferant gepriesen. Doch trotz ihrer Beliebtheit und des gesunden Images birgt diese Nahrungsaufnahme in flüssiger Form auch Risiken. Dieser Artikel gibt einen kritischen Überblick über die Vor- und Nachteile von Smoothies, insbesondere hinsichtlich ihres Kaloriengehaltes im … Weiterlesen