Ein Ausweg aus de Wachstumsdilemma und der Klimakrise ist möglich

Anders Levermann beschäftigt sich in seinem Buch „Die Faltung der Welt“ unter anderem mit folgender Frage: „Wie ist unendliches Wachstum auf einem begrenzten Planeten möglich?“ In seinem Buch verbindet er Überlegungen aus zwei Welten – den Natur- und den Wirtschaftswissenschaften. Die Begrenztheit der Erde und seiner Ressourcen ist offensichtlich. Ein Dilemma entsteht dann, wenn man davon überzeugt ist, dass eine fortwährende Weiterentwicklung unausweichlich ist. Diese Weiterentwicklung muss darüber hinaus frei von Beschränkungen erfolgen, um tatsächlich effektive Lösungen für neue Herausforderungen zu finden. Dazu möchte Anders Levermann das Narrativ der Faltung anbieten, von dem er glaubt, dass es das Paradigma von unbegrenztem und stetigem Wachstum ersetzen kann. Der Physiker Anders Levermann arbeitet seit mehr als 20 Jahren am Potsdam-Institut für Klimaforschung. Zudem ist er Professor am physikalischen Institut der Universität Potsdam.

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Selbst die Logik kann den Kern der Dinge nicht erfassen

Die Offenheit des Geistes, dieses treue Folgen des Verstandes, führte über eine Arbeit von mehreren Jahrhunderten zu den sublimsten Einsichten. Die großen Physiker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bewiesen auf die konkreteste Weise, dass man den Kern der Materie nicht unabhängig vom beobachteten Subjekt betrachten kann. Denn die Beobachtung eines Subjekts verändert das Subjekt selbst. Matthias Desmet erläutert: „So zeigte Werner Heisenberg in seiner berühmten Unschärferelation, dass selbst rein materielle „Fakten“, wie die Lokalisierung von Teilchen in Zeit und Raum, nicht eindeutig bestimmbar sind.“ Die großen Geister, die der Ratio und den Fakten am treuesten folgten, kamen sogar zu dem Schluss, dass der Kern der Dinge letztlich nicht in Logik zu fassen sei. Mattias Desmet ist Professor für Klinische Psychologie an der Abteilung für Psychoanalyse und klinische Beratung der Universität Gent.

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Die Sprechweise wirkt sich auf die Wahrnehmung der Zuhörer aus

Im Allgemeinen treten vorurteilsbedingte Fehlfunktionen in einer Praxis der Bezeugung auf zweierlei Weise auf. Miranda Fricker erklärt: „Entweder führt das Vorurteil dazu, dass die Sprecherin für glaubwürdiger gehalten wird, als es normalerweise der Fall wäre – es gibt also einen Glaubwürdigkeitsüberschuss. Oder aber sie wird als weniger glaubwürdig wahrgenommen als sonst – dann liegt ein Glaubwürdigkeitsdefizit vor.“ Man denke nur daran, welch unmittelbare Auswirkung ein Akzent oder die Sprechweise einer Sprecherin auf ein Gespräch hat. Eine bestimmte Sprechweise birgt nicht nur eine soziale Komponente, die sich darauf auswirkt, wie ein Zuhörer die Sprecherin wahrnimmt, sondern hat auch sehr oft eine epistemische Komponente. Miranda Fricker ist Professorin für Philosophie an der New York University, Co-Direktorin des New York Institute für Philosophy und Honorarprofessorin an der University of Sheffield.

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Es tobt ein Kampf zwischen Gut und Böse

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 03/2024 erörtert die Frage: „Gibt es die Guten und die Bösen?“ Friedrich Nietzsche meinte, dass die Religion ihren Begriff des Guten aus einer „Sklavenmoral“ zöge, die das Starke, Herrische als böse abwerte, um die Schwachen triumphieren zu lassen. Die Zuschreibung des Bösen liegt für den Philosophen Fabian Bernhardt nahe, sobald ein Gegenüber sich an Werten orientiert, die man selbst für problematisch oder gar gefährlich hält. Der Zwang zur Rechthaberei gilt bekanntlich als eine in Deutschland besonders stark ausgeprägte Untugend. Auch weltweit gilt: affektive Erregungswellen, die sich übereinandertürmen, eine nicht endende Flut von Shitstorms, beleidigende Interferenzen, wohin man auch schaut. Wer in Bezug auf eine bestimmte Streitfrage oder einen bestimmten Konflikt jeweils die Guten und die Bösen sind, scheint dabei häufig von vornherein ausgemacht.

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Die Sumer entwickelten die Keilschrift

Ein überaus wichtiger Schritt für die Menschheit als Ganzes war die Erfindung der ersten Schrift, der Keilschrift. Joachim Bauer blickt zurück: „Sie wurde gegen Ende des 4. Jahrhunderts vor Christus in Sumer entwickelt, dem ältesten der Reiche des Zweistromlandes.“ Schriftliche Überlieferungen und die Analyse von Material, das man durch archäologische Grabung zutage förderte, erwiesen sich in den vergangenen Jahrzehnten als überaus ergiebige Erkenntnisquellen. Als besonders wertvoll stellte sich die Möglichkeit heraus, ausgegrabene Materialen mit radiochemischen Methoden auf ihr Alter zu bestimmen. Die kombinierte Anwendung verschiedener Methoden hat das Forschungsgebiet der Archäobotanik entstehen lassen. Wissenschaftler in diesem Bereich untersuchen, wo, wann und mit welchen Pflanzen oder Bäumen die Erde zu verschiedenen Zeiten der Erdgeschichte bewachsen war. Prof. Dr. Med. Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Arzt.

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Die Sinnsuche im Job hat epidemische Ausmaße angenommen

Ingo Hamm schreibt: „Wir alle haben keine Sklavenjobs. Niemand von uns muss auf der Galeere rudern oder im Steinbruch Brocken klopfen. Auch verdienen die meisten von uns – hier in der westlichen Welt – ganz ordentlich.“ Es reicht um Leben und es reicht gut, auch wenn viele auf hohem Niveau, sprich mit schönem Häuschen und Drittwagen für den studierenden Filius, klagen. Die meisten Menschen können also zufrieden sein. Im Großen und Ganzen. Nur sie sind es definitiv nicht. Die Sinnsuche im Job hat inzwischen epidemische Ausmaße angenommen wie auch das generelle „Unbehagen in der Arbeitskultur“, wie es Sigmund Freud betiteln würde. Findige Arbeitgeber spüren natürlich dieses brodelnde Unbehagen – eventuell auch und gerade bei sich selbst. Dr. Ingo Hamm ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Darmstadt.

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Es gibt einen Mythos der milden Diktatoren

„Kein Mensch bekämpft die Freiheit. Er bekämpft höchstens die Freiheit des anderen. Jede Art der Freiheit hat daher immer existiert, nur einmal als besonderes Vorrecht, das andere Mal als allgemeines Recht“, schrieb Karl Marx am 12. Mai 1842. Freiheit für alle oder nur für Wenige? Roger de Weck erklärt: „Die Wenigen schätzen eben die Freiheit für Wenige, weil sie riesengroß ist. Weil sie auf die Vielen keine Rücksicht nehmen müssen.“ Nicht nur in Italien hängen sie am Mythos der milden Diktatoren, da „ohne Ordnung keine Freiheit“. Im Handumdrehen ließen sich Konservative und Liberale von Autokraten einwickeln. Zum Beispiel als 1922 in Rom das bürgerliche Parlament Benito Mussolini eine Blankovollmacht erteilte. Er versprach eine „befreiende Gewalt“. Roger de Weck ist ein Schweizer Publizist und Ökonom.

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Es gibt eine Brücke zwischen dem Wissen und dem Vertrauen ins Leben

Die wichtigste Botschaft auf der das neue Buch von Andreas Salcher „Unsere neue beste Freundin, die Zukunft“ aufbaut, lautet: „Es existiert eine Brücke zwischen dem Wissen über unsere eigenen Fähigkeiten und dem Vertrauen ins Leben.“ Menschen, die mit diesem Grundvertrauen ausgestattet sind, können sich selbstbewusst an immer neue Aufgaben heranwagen. Dabei können sie herausfinden, wo ihre tatsächlichen Begabungen liegen. In seinem Ratgeber erklärt Andreas Salcher seinen Lesern, welche neuen Denkweisen und Talente sie brauchen, um in einer sich schnell verändernden Welt erfolgreich zu sein. Schon immer birgt die Jugend aus der Sicht der Erwachsenen ein Geheimnis. Dr. Andreas Salcher ist Mitgebegründer der „Sir Karl-Popper-Schule“ für besonders begabte Kinder. Mit mehr als 250.000 verkauften Büchern gilt er als einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren Österreichs.

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Es gibt keinen Kampf der Kulturen

Der Kampf der Kulturen ist für Amartya Sen eine ausgesprochen globale These über Konflikte. Doch es gibt auch bescheidenere, aber ebenfalls einflussreiche Behauptungen. Auch nach diesen hängen die vielen Konflikte und Gräuel, die man heute in verschiedenen Teilen der Welt beobachtet, mit Gegensätzen von Kulturen und Identitäten zusammen. In den kleineren Varianten dieses Ansatzes sind es lokale Bevölkerungen, die in zerstrittene Gruppen mit unterschiedlicher Kultur und Geschichte zerfallen. Daraus erwächst quasi „naturwüchsig“ eine gegenseitige Feindschaft. Moderne Konflikte sind ohne Berücksichtigung aktueller Ereignisse und Machenschaften nicht zu verstehen. Auf diese Weise bläst man sie zu uralten Fehden auf, in denen die heutigen Akteure in angeblich altüberkommenen Dramen in vorherbestimmten Rollen auftreten. Amartya Sen ist Professor für Philosophie und Ökonomie an der Harvard Universität. Im Jahr 1998 erhielt er den Nobelpreis für Ökonomie.

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Das Wissen verwandelt sich zum neuen Öl

Die Einbildung ist der Todesstoß der Bildung. Statt nachhaltigem Lernen, Wachsen und Versehen heißt es Verbildlichen und Liken. Sogar in der Mathematik und Physik zieht man ästhetische Modelle und Hypothesen vor. Anders Indset stellt fest: „Wir brauchen diese Kompensation, da sie uns Stabilität und Halt gibt, aber gleichzeitig macht sie uns starr und schafft eine trügerische Ruhe. Wir sterben in Schönheit, leben aber nicht den Fortschritt.“ Das starre Wissen, das man in bestimmten Institutionen vermittelt bekommt, setzt man absolut. Es wird für den einen abschließenden Test gelernt. Befristetes Wissen führt zur Qualifikation und Bildung zum sozialen Grad. Das heutige Bildungssystem ist ein endliches Modell, das auf Speichern von Daten ausgerichtet ist. Anders Indset, gebürtiger Norweger, ist Philosoph, Publizist und erfolgreicher Unternehmer.

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Auf dem Höhepunkt eines Landes beginnt schon sein Abstieg

Auf dem Höhepunkt kann ein Land die Erfolge, denen es seinen Aufstieg verdankte, aufrechterhalten. Ray Dalio warnt: „Doch im Lohn des Erfolgs, liegt der Ursprung des Abstiegs begründet. Mit der Zeit wachsen die Verbindlichkeiten und zerstören die sich selbst verstärkenden Rahmenbedingungen, die dem Aufstieg Nahrung gaben.“ Wenn die Menschen in einem Land, das mittlerweile reich und mächtig ist, mehr verdienen, sind sie als Arbeitnehmer teurer und weniger wettbewerbsfähig als Menschen in anderen Ländern, die bereit sind, für weniger Geld zu arbeiten. Gleichzeitig kopieren die Menschen aus anderen Ländern die Methoden und Technologien einer Führungsmacht, was deren Wettbewerbsfähigkeit weiter unterhöhlt. Ebenso gilt: Werden die Menschen in einem führenden Land reicher, arbeiten sie in aller Regel nicht mehr so hart. Ray Dalio ist Gründer von Bridgewater Associates, dem weltgrößten Hedgefonds. Er gehört mit zu den einflussreichsten Menschen der Welt.

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Effizienz ist nicht die einzige wirtschaftliche Tugend

Als der wirtschaftliche Flächenbrand im März 2020 begann, schrieb William Galston in einem Leitartikel im „Wall Street Journal“: „Effizienz ist nicht die einzige wirtschaftliche Tugend.“ Er meinte, es könne etwas nicht stimmen mit einem Wirtschaftssystem, das außerstande ist, während einer Gesundheitskrise, wie sie in einem Jahrhundert nur einmal vorkommt, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu decken. Jeremy Rifkin erläutert: „Galston legte dar, dass der Erfolg der Globalisierung darauf beruht, die Produktion von alltäglichen Gütern und Dienstleistungen in diejenigen Weltregionen zu verlagern, in denen sich durch niedrige Lohnkosten und nicht vorhandene Umweltschutzgesetze effiziente Skaleneffekte erzielen lassen.“ Diese Produkte werden dann mit Containerschiffen und Flugzeugen aus fernen Ländern in die reichen Länder transportiert. Jeremy Rifkin ist einer der bekanntesten gesellschaftlichen Vordenker. Er ist Gründer und Vorsitzender der Foundation on Economic Trends in Washington.

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Der Konsument befindet sich in einem Zustand latenter Gereiztheit

Preise selbst zur Ware zu machen ist weit mehr als nur ein Anschlag auf die Leistungsgesellschaft. Es ist eine tägliche Prägung und evidente Lebenswirklichkeit, gegen die Moralphilosophen nur hilflos anschreiben können. Richard David Precht stellt fest: „Die Vorteilsgesellschaft statt der Leistungsgesellschaft verhöhnt zentrale Werte des Bürgertums, wie Treue, Fairness und Verlässlichkeit.“ Und da Menschen, wie die Wirtschaftspsychologie eindrucksvoll beweist, lieber die Bösen als die Dummen sind, spielen nahezu alle mit. Die Seelen der Menschen finden sich dabei zumeist in einem Zustand zumindest latenter Gereiztheit, übersättigt und angestachelt zugleich. Und genau das ist das Telos der Ökonomie. Nicht der zufriedene Konsument ist ihr Ziel, sondern der immer wieder neu unzufriedene. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Manche Menschen sprechen mit Pflanzen

Für Menschen, die mit Pflanzen sprechen, wie Prinz Charles es angeblich tut, muss man eine besondere Schwäche haben. Man muss anerkennen, dass Gespräche mit Pflanzen nicht nur die Anerkennung wertvoller Formen nichtmenschlichen Lebens bedeuten. Sondern man muss auch den Respekt für die Idee würdigen, dass gute Pflege, ob tatsächlich oder poetisch in Form freundlicher Worte, für das Leben nichtmenschlicher Lebewesen etwas bedeutet. Das ist ein wahrhaft liebenswürdiger Gedanke. Antonio Damasio hat keine Ahnung, ob Prinz Charles wirklich etwas über Botanik im Besonderen oder über Biologie im Allgemeinen weiß. Aber es gibt für ihn viele Gründe, Pflanzen zu respektieren und zu lieben. Antonio Damasio ist Dornsife Professor für Neurologie, Psychologie und Philosophie und Direktor des Brain and Creativity Institute an der University of Southern California.

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Das Grundgesetz hat Deutschland ganz wesentlich geeint

Pluralistische Gesellschaften, wie die deutsche, werden nicht mehr vorrangig durch gemeinsame Tradition, Religion oder Kultur zusammengehalten. Hans-Jürgen Papier weiß: „Sie finden stattdessen in der Anerkennung der Verfassung, ihrer Werteordnung und des demokratisch gesetzten Rechts ihre verbindende Grundlage. Auf sie kann sich die Mehrheit der Bevölkerung beziehen, genau wie es die Minderheiten können.“ Für die Bundesrepublik Deutschland lässt sich sagen, dass das Grundgesetz die deutsche Gesellschaft über die Jahrzehnte ganz wesentlich geeint hat. Es hat die Freiheiten definiert und Verfahrensweisen vorgegeben, die es Politik und Gesetzgebung ermöglichen, den sozialen Konsens im Abgleich mit den zivilgesellschaftlichen Diskursen weitgehend offen zu gestalten. Auch heute noch erweist sich die deutsche Verfassung als tragfähiges Gebäude mit den Grundrechten als stützende Pfeiler. Prof. em. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier war von 2002 bis 2014 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

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Für Kit Yates kommt Unerwartetes wenig überraschend

Kit Yates beschreibt in seinem neuen Buch „Wie man vorhersieht, womit keiner rechnet“, wie man richtige Prognosen trifft und unnütze vermeidet. Die Zukunft vorherzusagen birgt Gefahren. Dennoch kommt man um solche Vorhersagen nicht herum. Kit Yates schreibt: „Gesellschaftlich gedacht, sollten wir zum Wohle aller in der Lage sein, wirtschaftliche Talstrecken vorherzusagen und darauf zu reagieren; wir sollten Terroranschläge vorhersagen und abwehren können, und wir sollten die aktuelle und potenzielle Bedrohung durch den Klimawandel verstehen, um etwas dagegen unternehmen zu können.“ Liegt man bei derart weitreichenden Vorhersagen falsch, können Existenzen, Menschenleben und sogar das Schicksal des Homo sapiens auf dem Spiel stehen. Kit Yates lehr an der Fakultät für mathematische Wissenschaften und is Co-Direktor des Zentrums für mathematische Biologie der University of Bath.

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Es gibt circa 18 Messgrößen für die Stärke eines Landes

Die Kerngröße für Wohlstand und Macht entspricht in etwa dem Durchschnitt aus 18 Messgrößen für die Stärke eines Landes. Zu den zentralen Werten zählt Ray Dalio Bildung, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Technologie, Wirtschaftsleistung, Anteil am Welthandel, militärische Stärke, Bedeutung als Finanzzentrum und Reservewährungsstatus. Die gängige Reservewährung – ebenso wie die Weltsprache – hatte in aller Regel noch Bestand, als der Niedergang eines Imperiums bereits eingesetzt hatte. Denn man verwendete sie auch noch weiter, als die Stärken, die zu dieser breiten Verwendung geführt hatten, schon geschwunden waren. Ray Dalio hebt noch einmal hervor, dass all diese Messgrößen für Stärke eines Imperiums erst zu- und dann abnehmen. Ray Dalio ist Gründer von Bridgewater Associates, dem weltgrößten Hedgefonds. Er gehört mit zu den einflussreichsten Menschen der Welt.

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Die moderne Gesellschaft bringt unangenehme Grenzgänger hervor

Der Publizist Roger Willemsen hat 2016 in seinem Essay „Wer wir waren“ die Gegenwart aus der Zukunft betrachtet. Darin beschrieb er eine Gesellschaft der Ruhelosen, die sich im Kampf um Aufmerksamkeit befindet. Hadija Haruna-Oelker erläutert: „Er sah die Menschen mit der Frage konfrontiert, wie eine Person sich nicht von der Flüchtigkeit der Nachrichten, dem beschleunigten Leben und dem Rasanten unseres Alltags verunsichern lässt.“ Er zeigte zudem, wie in der Gesellschaft alles in Großaufnahme und aus äußersten Steigerungsformen besteht. Menschen horten dabei ein schlechtes Gewissen, weil sie so vieles wissen müssten, was sie nicht wissen. Und schließlich bringt Disziplin und Leistungsfähigkeit auf allen Feldern viele unangenehme Grenzgänger hervor, sodass sich die Frage stellt: Was kann man dagegen tun? Hadija Haruna-Oelker lebt als Autorin, Redakteurin und Moderatorin in Frankfurt am Main. Hauptsächlich arbeitet sie für den Hessischen Rundfunk.

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Variablen beschreiben die Welt

In der Welt herrscht Veränderung. Es gibt eine zeitliche Struktur von Beziehungen zwischen Ereignissen, die alles andere als illusorisch sind. Sie ist kein global geordnetes Geschehen. Sondern sie ist ein lokales und komplexes Ereignis, das es nicht zulässt, in Begriffen einer einzigen globalen Ordnung beschrieben zu werden. Die Dinge des Lebens an sich sind zerbrechlich, kurz und voller Illusionen. Wie funktioniert eine grundlegende Beschreibung der Welt? Carlo Rovelli antwortet: „Auf die einfachste Art. So wie wir die Welt dachten, bis Isaac Newton und alle davon überzeugte, dass eine Zeitvariable unverzichtbar sei.“ Für Carlo Rovelli jedoch ist die Zeitvariable für eine Beschreibung der Welt nicht notwendig. Seit dem Jahr 2000 ist Carlo Rovelli Professor für Physik an der Universität Marseille.

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Die Politik muss für das Wohlgefühl der Bürger sorgen

Das Potenzial, mithilfe abstrakter Vorstellungen gemeinsame Ziele und Perspektiven zu entwickeln und dadurch Verbundenheit und Identität zu fördern, besitzt auch die Politik. Hans-Otto Thomashoff kritisiert: „Aber sie lässt es bei uns seit Jahrzehnten weitgehend ungenutzt.“ Dabei kann Politik Hoffnungen wecken, Visionen, für die die Menschen bereit sind, sich einzubringen. Was als Idee beginnt, kann, einmal entfacht, zu einer Neugestaltung gesellschaftlichen Miteinanders werden, zu einer Revolution – im Guten wie im Schlechten. Eine zukunftsorientierte Politik sollte bewusst und gezielt an der Weiterentwicklung der Gesellschaft arbeiten. Hierzu muss sie Anstoß geben zum Fantasieren, zum Diskutieren und zum konkreten Umsetzen. Sie sollte berücksichtigen, was Menschen brauchen, um sich im Leben wohlzufühlen. Und das ist eben mehr als nur die Absicherung der wirtschaftlichen Existenz. Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien.

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Die Vernunft ist die Sklavin der Leidenschaften

Seit Platon waren sich die Philosophen bewusst, dass die Sinne täuschen und Überzeugungen irregeleitet sein können. Aber sie nahmen an, dass den Menschen von Natur aus ein Drang zur Wahrheit innewohne und die Vernunft sie auf dem Weg zu ihr leiten würde. Jonathan Rauch blickt zurück: „Vor fast 300 Jahren formulierte der schottische Philosoph David Hume seine Kritik an dieser Standardauffassung.“ In seinem „Traktat über die menschliche Natur“ trug er eine der in dieser Sache entschiedensten und bekanntesten Thesen vor. Er schreibt: „Die Vernunft ist die Sklavin der Leidenschaften und sollte auch nur das sein. Auf kein anderes Amt kann sie Anspruch erheben als ihnen zu dienen und zu gehorchen.“ Jonathan Rauch studierte an der Yale University. Als Journalist schrieb der Politologe unter anderem für das National Journal, für The Economist und für The Atlantic.

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Die Zukunft steckt voller Ungewissheiten

Planung ist wichtig. Aber der wichtigste Teil jedes Plans besteht darin, für den Fall zu planen, dass nicht alles nach Plan verläuft. Wie heißt es so schön? „Willst du Gott zum Lachen bringen, erzähl ihm deine Pläne.“ Natürlich sind Finanz- und Anlagepläne wichtig, weil sie aufzeigen, ob das eigene aktuelle Verhalten sich im Rahmen des Vernünftigen bewegt. Morgan Housel weiß: „Doch die wenigsten Pläne überleben den Kontakt mit der Wirklichkeit lange.“ Ein Plan hilft nur, wenn er den Kontakt mit der Wirklichkeit überlebt. Alle Menschen müssen mit einer Zukunft voller Ungewissheiten leben. Ein guter Plan täuscht darüber gar nicht hinweg. Er lässt bewusst Raum für Irrtümer. Je dringender man auf bestimmte Elemente des eigenen Plans angewiesen ist, desto mehr wackelt die persönliche finanzielle Zukunft. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

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Der Klimawandel verschärft die gesellschaftlichen Ungleichheiten

Friederike Otto beschreibt in ihrem Buch „Klimaungerechtigkeit“ wie der Klimawandel gesellschaftliche Ungleichheiten verschärft. Denn die Wohlhabenden sind nicht diejenigen, die am heftigsten von den Folgen ihres Verhaltens betroffen sind. Die Auswirkungen von Extremereignissen wie Hitzewellen in Kanada und Afrika oder Überschwemmungen in Pakistan haben die unterschiedlichsten Auswirkungen. Jedes Zehntel Grad globaler Erwärmung führt zu immer größeren Schäden und Verlusten. Aber wer diese spürt und wie, hängt nur zu einem ganz geringen Teil vom Wetter und Klima ab. Die Autorin weiß, was getan werden muss, um die Welt unter diesen neuen Vorzeichen zu einer gerechten zu machen. Friederike Otto forscht am Grantham Institute for Climate Chance zu Extremwetter und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sie hat das neue Feld der Zuordnungswissenschaft – Attribution Science – mitentwickelt.

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Viele Deutsche halten Schulden für moralisch verwerflich

Viele Deutsche haben ein schwieriges Verhältnis zu Schulden. Sie halten Schulden für moralisch verwerflich, wie schon der zugrunde liegende Begriff „Schuld“ suggeriert. Marcel Fratzscher erläutert: „Schulden zu machen, wird als unsolide Lebensführung betrachtet, ein Leben über die eigenen Verhältnisse.“ Denn muss man nicht zuerst mit der eigenen Hände Arbeit Vermögen schaffen, bevor man es konsumiert? Andere verstehen Schulden als ein Leben zulasten anderer, die für diese Schulden im Notfall aufkommen müssen. Vor allem zukünftige Generationen, denen man kein Vermögen und keine guten Startchancen hinterlässt, sondern Verpflichtungen ihrer Eltern und Großeltern. Aber stimmt diese Wahrnehmung? Wann sind Schulden sinnvoll, und welches Ausmaß ist für einen Staat, ein Unternehmen oder eine Privatperson nachhaltig? Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin.

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Die meisten Gemeinschaften sind exklusivistisch orientiert

Richard Rorty schreibt: „Die Frage, ob es Überzeugungen und Wünsche gibt, die allen Menschen gemeinsam sind, ist ziemlich uninteressant, wenn man nicht von der Vorstellung einer utopischen, inklusivistischen Menschengemeinschaft ausgeht, die nicht mit der Entschiedenheit, mit der sie Fremde ausschließt, stolz ist, sondern auf die Verschiedenheit der Arten von Menschen, die sie willkommen heißt.“ Die meisten menschlichen Gemeinschaften sind jedoch exklusivistisch orientiert. Ihr Identitätsgefühl und das Selbstbild ihrer Angehörigen beruhen auf ihrem Stolz darauf, bestimmten Arten von Menschen nicht anzugehören. Nämlich denen, die den falschen Gott verehren, die falschen Nahrungsmittel essen oder irgendwelche anderen abwegigen, abstoßende Überzeugungen oder Wünsche haben. Richard Rorty (1931 – 2007) war einer der bedeutendsten Philosophen seiner Generation. Zuletzt lehrte er Vergleichende Literaturwissenschaft an der Stanford University.

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