Eine Person ist das Vollkommenste in der Natur

Der Begriff der Person entstammt – anders als der der Individualität –, von vornherein dem Humanbereich. Silvio Vietta weiß: „Die Herkunft des Begriffs ist nicht zweifelsfrei belegt. Man nimmt an, das Wort wurde von lateinisch „personare“ abgeleitet im Sinne des Durchdringens einer Stimme durch die Maske.“ Diese Theatermasken hatten individuelle Züge eines Charakters, wenn auch stark stereotypisiert. Sie konnten daher als Anhaltspunkte für bestimmte personale Charakterzüge dienen. Die hellenistische Philologie ging dann auch daran, in philosophischen Texten verschiedene Sprecherrollen ausfindig zu machen. Der Begriff der Person vollzieht dann eine regelrechte „Himmelfahrt“. Er bezeichnet nämlich in der christlichen Theologie des Mittelalters die Einheit von Gottvater, Sohn und heiligem Geist. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

Die vernunftbegabte Wesenheit ist durch „Tätigkeit“ ausgezeichnet

Die mittelalterliche Theologie hat dann den Personen-Begriff noch mit der Würde gekoppelt. Personen sind Menschen höheren Ranges der feudalen und kirchlichen Gesellschaft. Der einflussreiche Thomas von Aquin bringt die entscheidenden Momente der mittelalterlichen Definition der Person auf den Begriff. Person-Sein heißt ein „Einzelwesen vernunftbegabter Natur“ sein und bedeutet in eminenter Weise auch „Selbstständigkeit“. Thomas von Aquin schreibt: „Person bezeichnet das, was das Vollkommenste ist in der ganzen Natur, nämlich das Für-sich-Bestehende vernunftbegabter Natur.“

Das Bewusstsein bildet eine Einheit

Diese Form der einzelnen vernunftbegabten Wesenheit ist durch „Tätigkeit“ ausgezeichnet. Silvio Vietta sagt, dass hier auch der Keim für die neuzeitliche Subjektphilosophie liegt. Insofern sie dann auch die menschliche Rationalität selbst zum Grund ihrer selbst erhebt und diese wesentlich durch Produktivität definiert. Aber das erfolgt erst Jahrhunderte später im deutschen Idealismus. Von dem Wort Person leitet auch Thomas von Aquin die Würde ab, insofern man nämlich im Drama würdevolle Figuren „personae“ nannte.

Silvio Vietta stellt fest: „In der Neuzeit löst sich dann der Begriff der Person von der Theologie, aber übernimmt von ihr doch wichtige Einsichten.“ John Locke definiert Person als „denkendes, verständiges Wesen, das Vernunft und Überlegung besitzt und sich selbst als sich selbst betrachten kann“. Die Person besitzt somit ein Bewusstsein, die auch eine reflexive Wahrnehmung von sich selbst hat. Zudem weist John Locke die Identität der menschlichen Person an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten nach.

Es ist eben nach John Locke die Einheit des Bewusstseins eines Menschen, die eben die Einheit seiner Person garantiert. Auch die Körperlichkeit und die Gefühle eines Menschen sind über sein Bewusstsein Teil seiner Identität. Silvio Vietta erläutert: „Was wir fühlen wird zu unserem Gefühl eben dadurch, dass diese Gefühle bewusst wahrgenommen werden. Somit garantiert die Einheit unseres Bewusstseins, in der eben auch die Gefühle ihren Platz haben, die Einheit unserer Person.“ Quelle: „Europas Werte“ von Silvio Vietta

Von Hans Klumbies

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