Jugendliche erleben die intensivsten Freundschaften

Die aktuelle Sonderausgabe Nr. 30 des Philosophie Magazins stellt so gut wie alle Formen der Freundschaft vor. Manche Freude begleiten einen Menschen ein Leben lang, andere nur für einen kurzen Abschnitt oder zu einem bestimmten Zweck. Die Kindheitsfreunde finden sich zu zweit, zu dritt oder erkunden als Bande die Welt. Jugendliche erleben daran anschließend oft die intensivsten Freundschaften. Helena Schäfer schreibt: „Jugendfreundschaften sind prägend. Sie begleiten durch einen aufwühlenden Lebensabschnitt, in dem wichtige Stationen des Erwachsenwerdens gemeinsam durchlaufen werden. In der Rebellion gegen Eltern und Normen formt sich in dieser Phase ein eigenständiges Selbst.“ Dagegen teilt man mit manchen Freunden nicht den Alltag, nicht alle tiefen Emotionen oder Gedanken, sondern ein Interesse. Dabei handelt es sich um die sogenannten Hobby-Freunde.

Die Freundschaft mit einem Lebensmenschen erstreckt sich über Jahrzehnte

Laut dem Philosophen Claude-Adrien Helvétius entstehen unterschiedliche Arten von Freundschaft, weil Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben: „Die einen bedürfen des Vergnügens oder des Geldes, die anderen des Ansehens, diese des Gesprächs und jene der Möglichkeit, ihren Leiden einem anderen anzuvertrauen: folglich gibt es Freunde des Vergnügens, des Geldes, der Intrige, des Geistes und des Unglücks.“ Wenn Freundschaften oft interessegeleitet sind, ist es nicht verwunderlich, wenn gerade im Arbeitsumfeld engere Bindungen entstehen können.

Anders als in einer Freundschaft zu zweit kann es innerhalb einer Gruppe feste und lockere Bindungen geben. Dadurch entsteht eine lockere, oft lebendige und dynamische Konstellation. Die Clique dient als soziales Gefüge, in der man sich über gescheiterte Beziehungen, neue Partner, peinliche Dates, die Arbeitskollegen, den Chef, die Kinder und alle großen und kleinen Fragen des Lebens austauschen kann. Daneben gibt es noch dem Lebensmenschen, dem man viel zu verdanken hat, vielleicht sogar alles. Mit ihm geht man eine intensive Bindung ein, die sich über Jahrzehnte erstreckt.

Eine endende Freundschaft war nie eine und ist keine

Freundschaft ist für viele Menschen ein Versprechen des bedingungslosen Zusammenhalts. Für die beiden Philosophen Christoph Menke und Dieter Thomä, die eine langjährige Freundschaft verbindet, liegt das Besondere dieser Beziehungsform an anderer Stelle: in ihrer Freiheit. Dieter Thomä glaubt, dass ein ganz wesentlicher Punkt bei Freundschaften die Verlässlichkeit ist. Aber diese Verlässlichkeit ist seiner Meinung nach in einer gelingenden Freundschaft gepaart mit etwas anderem – man könnte von Verfügbarkeit sprechen: Experimentierfreudigkeit, eine Lust am Unbekannten, an gemeinsamen Entdeckungen.

Die Chefredakteurin des Philosophie Magazins Svenja Flaßpöhler behauptet: „Eine Freundschaft, die beendet wird oder von selbst endet, weil man sich – warum auch immer – auseinandergelebt hat, war nie eine und ist keine. Vielmehr zeichnet sich wahre Freundschaft dadurch aus, dass ich die Verbindung zu einem Menschen bis zu seinem oder meinem eigenen Tod unwiederbringlich spüre.“ Eine derart unzerstörbare Beziehung entsteht nur, wenn die eigene Existenz mit der Existenz des anderen unauflöslich verwoben ist.

Von Hans Klumbies