Uralt ist das Streben nach Glück

Das Leben ist gut – wie es auch sei. Es gibt bei vielen Menschen die Sehnsucht, seinem Leben und Erleben Glanz zu verleihen. Dazu gesellt sich die Entschlossenheit, das Schöne, das Wunder, den Zauber ins eigene Leben hereinzuholen. Diese Wünsche haben ihre Dynamik in der der prekären Gegenwart keineswegs verloren. Ulrich Grober betont: „Und das ist gut so. Dieser Wille gehört untrennbar zum Streben nach Glück, ist uralt und ewig jung. Er sucht sich immer neue Kanäle und Ausdrucksformen.“ Doch wie die sozialen Medien, ja das Netz insgesamt, ist gerade das Wortfeld WOW heillos verstrickt in die Sprache der Werbung und die Welt der Warenästhetik. Es wird seines Zaubers beraubt von endlosen Plakaten zu Lippenstiften und Anzeigen zum nächsten Wochenendtrip. Den Publizisten und Buchautor Ulrich Grober beschäftigt die Verknüpfung von kulturellem Erbe und Zukunftsvisionen.

Der Begriff WOW ist überhaupt nicht trivial

Auf der anderen Seite kann man WOW als ein Passwort verwenden. Es öffnet Zugänge. Sein Geheimnis ist die ungeteilte Aufmerksamkeit, die leibhaftige Präsenz. Alles loslassen, was ablenkt. Sich einlassen auf das, was dann auf einen zukommt. Die Welt, das Da-Sein findet genau jetzt, genau hier statt. „Hic et nunc“, sagten die Philosophen der Renaissance. „Right here, right now“ heißt es prägnant auf Englisch. Die Pforten der Wahrnehmung so weit wie möglich öffnen, höchste Geistesgenwart mit allen Sinnen.

Ulrich Grober erläutert: „Wo das gelingt, entsteht ein Resonanzraum, in dem wir mit der Welt in Verbindung treten. So verstanden ist WOW überhaupt nicht mehr trivial.“ Dabei gibt es eine überraschende Entdeckung. WOW ist keineswegs den Sprechblasen von Comics aus den 1980er- oder 1990er-Jahren entsprungen und von dort in den globalisierten Jugendjargon übergewechselt. Man muss tief graben, um zu seinen Wurzeln vorzudringen. Er stammt aus der „Scots Leid“, dem alten schottischen Idiom.

Das Wort „glamour“ hat seine Wurzeln im alten Scots

Neben WOW gibt es ein weiteres Wort, das heute Karriere gemacht hat. Man verbindet es mit dem großen Kino, mit Design, Mode, Pop und Dolce Vita: „glamour“. Das Wort „glamour“ hat seine Wurzeln ebenfalls im alten Scots. In John Jamiesons Wörterbuch taucht es in der Form „glamourie“ oder „glammer“ auf und bedeutet: Zauber, Verzauberung, Magie, Hexerei. Es ist etwas Magisches, durchaus auch gefährliches. Denn es kann einen Menschen in einen anderen Bewusstseinszustand versetzen – in eine Anderswelt.

„Ich fühle mich! Ich bin!“ Dieses Lebensgefühl setzte Johann Gottfried Herder einst dem cartesianischen „Ich denke, also bin ich“ entgegen. Ulrich Grober weiß: „Herder war ein Vordenker in der Epoche, die man in der Literaturgeschichte als „Empfindsamkeit“ bezeichnet. Er war Zeitgenosse Goethes in Weimar, Wegbereiter der deutschen Romantik und ganz nebenbei ein großer Fan der schottischen Folklore.“ Um 1800 ergänzte Novalis, Geowissenschaftler und Dichter der blauen Blume: „Die Welt muss romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder.“ Quelle: „Die Sprache der Zuversicht“ von Ulrich Grober

Von Hans Klumbies

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